KW5 - Apples vorauseilender Ungehorsam

Doppelgänger Update (BETA)

Von Philipp Klöckner · 29. Januar 2024


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❤️ Danke an Patrick, Rico und Denis, die diese Woche die meisten neuen Leser:innen auf unseren Newsletter aufmerksam gemacht haben, aber auch an alle anderen! Die “Share the Newsletter” Funktion findet ihr am Ende der aktuellen Ausgabe und das Rennen startet jeden Montag von neuem. Der heutige Newsletter hat 1.859 Worte und das vollständige Lesen dauert etwa 5 Minuten. Heute ist der 29. Januar 2024 und die KW5 startet.

📱 Apple: Vorauseilender Ungehorsam mit dem DMA

Hinweis: AI-generiert (MidJourney)

Bis zum 7. März haben als Gatekeeper definierte Produkte und Services noch Zeit, ihre Geschäftspraktiken dem Digital Market Act (DMA) der Europäischen Union anzupassen. Der iPhone-Hersteller Apple nahm nun erste Adjustierungen vor. Der US-Konzern spricht von mehr Optionen für App-Entwickler und der Intention, User besser vor Sicherheitsrisiken, die angeblich erst durch den DMA entstehen, zu schützen. Doch wer - wie einige Medien - das Narrativ von mehr Offenheit und besserem Schutz übernimmt, irrt gewaltig.

Zwar erlaubt Apple in Zukunft die Distribution von Apps über sogenannte “alternative App-Marktplätze”. Jedoch müssen sowohl die Marktplätze als auch Apps weiterhin von Apple abgesegnet werden. Auch weiterhin bestimmt Apple welche Applikation es auf die iPhones schaffen. Echtes Sideloading, wie es etwa auf Android Geräten möglich ist, wird es auch weiterhin nicht geben.

Auch was die Appstore-Gebühren in Höhe von bis zu 30 Prozent angeht, verschlimmbessert Apple den Status Quo für Einige. Bei Bezahlung ausserhalb des Appstores fallen fortan zwar nur Gebühren von 10 bzw. 17 Prozent an. Nutzt man Apples Zahlungsstrecke, kommen aber weitere 3 Prozent hinzu. Zudem wird eine neue zusätzliche “Core Technology Fee” (deutsch: ”Brückenzoll”) in Höhe von 0,50 EUR pro User und Jahr für Downloads in alternativen Marktplätzen erhoben. Laut Apple würden 99 Prozent der App-Entwickler nicht schlechter gestellt als zuvor. Augenwischerei, denn sein Geld verdient Apple, so wie viele Plattformen, mit dem obersten 1 Prozent.

Für zusätzliche Gebühren der App-Marktplätze, Bedingung für die wirtschaftliche Tragfähigkeit, bleibt also von Anfang an gar kein Raum. Ganz sicher hat Apple nicht nur erstklassige Anwälte engagiert, um die pro-forma Compliance auszuarbeiten, sondern auch genau ausgerechnet, wie man das für Apple wichtige Services-Ergebnis des Konzerns um keinen Preis verschlechtert. Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton warnt bereits, die EU würde nicht zögern, entschieden zu handeln, sollten Gatekeeper den DMA nicht würdigen.

Aus der App-Entwickler-Community ist kein gutes Wort über die Neuerungen zu hören: Spotify CEO Daniel Ek, regelmäßiger Berschwerdeführer gegen Apple, betont, dass alternative App Stores nie funktionieren können, wenn selbst kostenfreie Apps nun eine Plattformgebühr zahlen müssen. Firefox Browser Entwickler Mozilla sagt, die Neuerungen seien “so schmerzhaft wie möglich” gestaltet.

Hey-App Entwickler David Heinemeier Hanssen rechnet vor, dass kostenlose Top-Apps wie Instagram in Zukunft bis zu 135 Mio US-Dollar pro Jahr an Apple überweisen müssten, wenn sie dem Apple-Appstore den Rücken kehrten. Er vergleicht die neue Core Technology Fee mit einer “Giftpille”, die Apple in die Alternativ-Stores einbaut, um deren Erfolg schon in der Wiege zu unterbinden. Auch der deutsche BigTech-Antitrust Spezialist Thomas Höppner stellt das Apple-Narrativ in Frage und hält die Security-Argumentation für einen Vorwand. Noch weiter geht EPIC Games CEO Tim Sweeney, der nicht für maßvolle Äußerungen bekannt ist. Er spricht von versteckten “Junk Fees” und sieht in Apples neuen Regeln ein Beispiel für “Malicious Compliance”.

🔗 Apple (PR) | Golem (Top Einordnung) | Reuters (Breton) | LinkedIn (Daniel EK) | The Verge (Mozilla) | LinkedIn (DHH) | LinkedIn (Anwalt Höppner) | Apple Gebührenrechner | TechCrunch (Tim Sweeney)

Das sind die weiteren News der Woche: 

📺 Geht Mr. Beast für $100M zu Amazon? Nachdem Mega-YouTuber Mr. Beast eine Zweitveröffentlichung seiner Videos auf Elon Musks X-Plattform testete und dabei vermutlich nicht nur die Einnahmen anderer X-Creator:innen, sondern auch seine eigenen YouTube Erlöse für einen mageren TKP von 1,68 US-Dollar kannibalisierte, berichten Quellen nun, dass ein Deal mit Amazon dem YouTuber weit mehr Geld bescheren könnte. Eine Pilotfolge im YouTube-Kanal von James Donaldson, aka Mr. Beast, (233 Millionen Subscriber) sollte den Start der Amazon Prime Serie befeuern können. Die Finanzierung könnten zusätzliche Product Placements, die vermutlich auch jetzt schon der Monetarisierung der Rekord-Clips dienen, sichern.
🔗 TIME / CNN (über X-Test) | | KOTAKU | Variety

💰 Elon Musk will 6 Milliarden US-Dollar für OpenAI Kokurrenten: Die FT berichtet, dass Multi-Unternehmer Elon Musk weltweit auf der Suche nach Geldgebern für sein Unternehmen xAI ist. Auf einer Bewertung von bis zu 20 Milliarden US-Dollar möchte er 30% der Firma Investoren in den U.S., Japan, Korea aber natürlich auch dem Mittleren Osten und Hong Kong andienen. China-nahe Geldquellen in Hong Kong könnten mindestens so umstritten sein, wie Kapitalspritzen aus den Golfstaaten, die auch schon mit Musk in Twitter investierten. Zum Hintergrund gehört auch, dass Musk sich bei Tesla gerade weigert AI signifikant weiterzuentwickeln, wenn man ihm nicht mind. 25% der Stimmrechte genehmigt. Relevanter Kontext ist zudem, dass Musk ehemals ein früher Sponsor von OpenAI war. Angeblich stoppte er sein Engagement und verlor seine Board-Position, nachdem man ihn als Möchtegern-CEO von OpenAI ablehnte.
🔗 Financial Times | FAZ | Semafor (über einen langen Konflikt)

🐅 Tiger wird zum Bettvorleger: Zusammen mit Masayoshi Sons Softbank Vision Fund, war Tiger Global in den ZIRP-Jahren 2021 & 2022 der aktivste VC-Investor der Welt. Scott Schleifer und Team schrieben Millionen-Checks wie Dolly Parton Songs1 . Die oft extrem hohen Bewertungen der Tiger-Runden brachen 2023 ein und die Limited Partners (LPs sind die “Investoren” des Fonds) realisierten auf dem Papier Verluste von 18%. Der vormals hyperaktive Investor Tiger Global wirkte nun eher wie ein Papier-Tiger. Nachdem Private Markets Chef Scott Shleifer und sein Software Partner John Curtius bereits ihren Hut nahmen, verlässt jetzt auch das Investor Relations Team den Fonds. Das Fundraising für die neue Fonds-Generation gestaltete sich offenbar als Herausforderung, berichtet The Information.
🔗 Crunchbase (2022 Toplist) | Bloomberg | The Information

🙅 Chamath Palihapitiya gibt Fundraising auf: Ein weiterer Emporkömmling der Nullzins-Exzesse muss sich der neuen Realität stellen. Anfang des Jahres machte der “King of SPACsChamath Palihapitiya noch Schlagzeilen, weil er mittels AI das Wish für SaaS Software bauen will (“I will build you an 80% feature complete version at a 90% discount.“). Zwei Wochen später vermeldet Axios, dass Palihapitiya beim Versuch einen 1 Milliarde US-Dollar Venture Fund zu raisen scheiterte und weiter mit eigenem Geld investieren wird. Nachdem SPAC Deals seinem Family Office Social Capital sicher einiges an Geld verdient haben, während Anleger:innen in die Röhre schauten, sollte der Net Asset Value des eigenen Family Offices zuletzt unter Druck gekommen sein. So sehr, dass er Analysen seiner Mitarbeiter jetzt als Abo-Produkte auf X feil bietet? Vielleicht auch die Rettung für deutsche Distressed Fund Manager TV-Unterhalter?
🔗 Twitter (Ankündigung) | Axios

💱 Überwies die inzwischen insolvente SIGNA noch 300 Millionen EUR an die Benko-Familie? Laut Unterlagen, die der Financial Times vorliegen, soll die Signa Development Gesellschaft noch letztes Jahr mehr als 300 Millionen Euro an die Vehikel Laura Finance Holding GmbH und Laura Holding GmbH, Töchter der Laura Foundation, überwiesen haben. Diese Stiftung steht laut Register unter der Kontrolle von Benkos Mutter Ingeborg. Laura ist der Name von Benkos Tochter. Der Insolvenzverwalter rechnet nicht damit, dieses Vermögens im Namen der Gläubiger habhaft zu werden. 🤷
🔗 Financial Times

🎥 Google Video AI Lumiere beeindruckt: Das neue Lumiere Modell von Google nutzt ein neuartiges Diffusion Model namens STUNet (Space-Time-U-Net). Statt einzelne Frames zu berechnen, vollzieht das Model Bewegung und Veränderung von Objekten im Raum nach und erzeugt damit teilweise realistischere Videos als Modelle wie Runway Gen-2 oder Stable Video Diffusion.
🔗 GitHub | The Verge

🔋 Tesla enttäuscht: Zwar hat Elon Musks Autobauer Tesla 20% mehr Autos verkauft, aufgrund des Preisdrucks durch Wirtschaftsklima, Finanzierungsbedingungen und China-Konkurrenz wuchsen die Autoumsätze aber nur noch um magere 2%. Die Margen schrumpfen und das operative Ergebnis hat sich halbiert im Q4. Ohne Handelsschranken gegen China droht der Autoindustrie schlimmeres, so Musk. Die Aktie gab 12% nach.
🔗 CNBC (Musk/China) | Doppelgänger Sheet (Earnings im Detail)

📺 Netflix überzeugt: Besser siehts bei Netflix aus: 13 Millionen neue Abonnent:innen gab es bisher nur im ersten Corona-Quartal. Werbefinanzierte Abos und Preiserhöhungen für Premiumkunden sorgen für balanciertes Nutzer- und Umsatzwachstum. Das operative Ergebnis verdreifachte sich. Hohe Kosten rufen aber neue Konkurrenz auf den Plan: Illegale Streaming-Anbieter erleben eine Renaissance.
🔗 Bloomberg (Streaming Piracy)

🌡️ Chart der Woche: Cool bleiben?!?

Was soll man dazu noch schreiben? Mehr als ein Meme fällt mir leider nicht ein…

The universe is not short on wake-up calls. We’re just quick to hit the snooze button.

Brené Brown - US-amerikanische Professorin und Autorin (“Dare to Lead”).

📺 Sehenswert: Der Temu-Hype (29min)

Das ZDF Reportage-Format “Die Spur” hat sich die chinesische Shopping-App Temu angeschaut. Die inzwischen viertgrößte Shopping-Plattform in Deutschland fesselt immer mehr Konsument:innen. Aber sind sich Nutzer auch über die Risiken bewusst? Neben IT-Sicherheitsexperten kommt auch Kassenzone-Host Alexander Graf zu Wort.
🔗 ZDF Mediathek (29min Reportage) | Handelsblatt | LinkedIn (Graf)

🎧 Hörenswert: Unconfuse me - Bill Gates & Sam Altman (OpenAI)

Der Podcast, in dem Microsoft-Gründer Bill Gates den OpenAI CEO Sam Altman interviewt ist ein unaufgeregtes KI Status-Update für jedermann. Die beiden Software-Vordenken diskutieren warum heutige AI-Modelle die dümmsten sind, welche wir gekannt haben werden, wie wir uns als Gesellschaft anpassen können und was uns als nächstes blüht… Wer nicht genug bekommt, kann sich auch noch einmal Gates’ 2024 Predictions ansehen.
🔗 Spotify | Apple | YouTube | Gates Notes

📨 Layoff Tracker

Im Doppelgänger Podcast warne ich ich regelmäßig, dass die Entlassungen im Techsektor mit der 2023er Layoff-Welle noch lange nicht abgeschlossen seien. Profitabilitätszwänge, hohe Kapitalkosten (Zinsen) und Künstliche Intelligenz als willkommene Rechtfertigung (vgl. DG Update KW4) werden auch 2024 zu vielen Rationalisierungsmaßnahmen führen. Weil es nicht ganz einfach ist den Überblick zu behalten, und einzuordnen wir relevant die einzelnen News sind, gibt es hier eine kondensierte Übersicht.

  • 🟡 SAP: 8.000 FTE, ca. 7%

  • 🟡 EBay: 1.000 FTE, ca. 9%

  • 🟢 Salesforce: 700 FTE, entspricht 1%

  • 🔴 Flexport: ca. 250, entspricht 20%

  • 🔴 Brex: 280 FTE, ca. 20%

  • 🟡 Business Insider: ca. 70 FTE, entspricht 8%

  • 🟡 Personio: ca. 100 FTE, entspricht ca. 5%

  • 🟡 Microsoft: 1.900 FTE, ca. 8% der Gaming-Sparte nach Fusion mit Activision Blizzard

  • 🟡 GoStudent: Noch unklar, wie viele der ca. 1.500 FTE dieses mal gehen müssen

Quelle: layoffs.fyi und verlinkte Medien. FTE: Full Time Equivalent (So nennen Controller:innen liebevoll ihre Mitarbeiter:innen).

🖨️ Earnings Season: Quartalsergebnisse der Woche

Montag 29. Jan: SoFi (BMO), Philips (BMO)
Dienstag 30. Jan: Microsoft (AMC), AMD (AMC), Alphabet (AMC), LendingClub (AMC)
Mittwoch 31. Jan: Boeing (BMO), Hennes & Mauritz (BMO), Software AG (BMO)
Donnerstag 1. Feb: Peloton (BMO), Apple (AMC), Amazon (AMC), Meta (AMC), Atlassian (AMC)

AMC: After Markets Close (nach Börsenschluss 22 Uhr) | BMO: Before Markets Open (morgens)
Nicht vollständig, lediglich Aktien, die wir als relevant erachten oder im Podcast/Sheet covern.

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