KW8 - Apple vor EU Strafe, eCommerce und AI

Doppelgänger Update (BETA)

Von Philipp Klöckner · 19. Februar 2024


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❤️ Danke an Patrick, Denis und Jonas, die diese Woche die meisten neuen Leser:innen auf unseren Newsletter aufmerksam gemacht haben, aber auch an alle anderen! Die “Share the Newsletter” Funktion findet ihr am Ende der aktuellen Ausgabe und das Rennen startet jeden Montag von neuem. Der heutige Newsletter hat 1.533 Worte und das vollständige Lesen dauert weniger als 4 Minuten. Heute ist der 19. Februar 2024 und die KW8 startet.

📦 Ist die beste eCommerce Company eine Software Company?

Was ist passiert? Am letzten Montag hat das kanadische Unternehmen Shopify seine Zahlen präsentiert. Der Umsatz des vom Koblenzer Tobi Lütke (im Bild) geführten eCommerce-Software-Unternehmen lag 24 Prozent über dem Vorjahr. Weil man im Mai letzten Jahres jeden fünften Mitarbeitenden gehen ließ, konnten die eCommerce-Schaufelverkäufer, die Shop Software und Payment-Infrastruktur anbieten, ihre Kosten um 22 Prozent reduzieren. Im Ergebnis verrät Shopifys Free Cash Flow Marge, dass nun mehr als 20 Prozent der Umsätze als Cash-Überschuss für die Aktionäre verbleiben.

So what? Während der COVID-Epidemie boomte der Online-Handel und eCommerce Shops von Amazon bis Zalando konnten sich vor Kunden kaum retten. Man investierte Milliarden in neue Logistikzentren und bestellte fleißig Ware für die nächste Saison. Doch auf die Corona-Party folgte ein eCommerce Kater, dessen Kopfschmerzen bis heute andauern. Die Online-Umsätze fielen wieder auf Normalniveau zurück, die Ware lastet schwer in den Regalen der unterausgelasteten Lagerhäuser und zudem treiben Fachkräftemängel und Inflation die Logistikkosten weiter in die Höhe.

Und jetzt? Von Wachstumsraten und Profiten wie Shopify sie berichtet können Online-Händler in Europa nur träumen. Die High-Fashion-Plattform Farfetch wurde vom koreanischen Unternehmen Coupang nur knapp vor der Pleite gerettet. About You und Zalando kämpfen um jedes Prozent Wachstum, während die Margen auf Hungerniveau bleiben. Selbst Gigant Amazon, der über enorme Größenvorteile und Skalenerträge verfügt, verdient mit dem Handel kaum Geld. Die durch Löhne steigenden Fulfillment-Kosten scheinen auf hohem Niveau zu verbleiben und noch niemand hat herausgefunden, woher die Einnahmen kommen sollen, um wieder zweistellige EBIT-Margen zu erreichen.

Fazit: Ob eCommerce in entwickelten Volkswirtschaften überhaupt ein spannendes Geschäftsmodell, mit dauerhaft zweistelligen Wachstumsraten und Margen, werden kann, muss erst noch bewiesen werden. Im Moment kämpfen die ehemaligen Börsenlieblinge um Wachstum und Profitabilität.

Hoffnung könnte nahen, da die Corona-Effekte langsam verdaut werden. Jedoch droht schon neues Ungemach aus dem Fernen Osten. Aus China kommend, greifen die im Rekordtempo wachsenden Plattformen Temu (Pinduoduo), Shein und Alibabas schöne Töchter den Ramsch- und Fast Fashion Markt an und gewinnen massiv Marktanteile. Während man die Nachwehen des COVID-Katers mit etwas Zeit und operativer Exzellenz sicher heilen kann, braucht es für steigende Logistikkosten und die China-Drachen neue strategische Ansätze.

Tobi Lütkes Shopify ist übrigens nicht nur deshalb ein gutes Unternehmen, weil es sich auf den Verkauf der sprichwörtlichen Schaufeln und Spitzhacken im eCommerce Goldrausch beschränkt. Als Teil der Kosteneinsparungen des letzten Jahres trennte man sich auch wieder von der jüngst aufgebauten Logistiksparte, dem Teil des Geschäfts, das dem höchsten Margendruck ausgesetzt ist.
🔗 Shopify

Das sind die weiteren News der Woche: 

💰 OpenAI stellt Sora vor. Mittels des neuen Text-to-Video Modell, können Anwender:innen aus einem Absatz Text ein 60-sekündiges Video generieren lassen. Die Ergebnisse sind zwar noch nicht Hollywood-reif, aber das Fachpublikum ist begeistert und erfahrungsgemäß liefern zukünftige Iterationen der Modelle immer bessere Ergebnisse. So könnten bald aufwendige (und teure) Schlachtszenen, Kamerafahrten oder Spielesequenzen komplett per künstlicher Intelligenz generiert werden und die Entwicklungskosten neuer Spiele und Filme reduzieren.
🔗 New York Times | YouTube | Heise

🇪🇺 EU kurz vor 500 Millionen Strafe gegen Apple. Am gestrigen Sonntag wurde bekannt, dass gut unterrichtete Quellen mit einer 500 Millionen Euro schweren Strafe gegen Apple rechnen. Vor immerhin 5 Jahren beschwerte sich die Musikplattform Spotify, dass Apple sie daran hindere, ihren Nutzern offenzulegen, dass es das Musikabo in der Webversion günstiger gäbe, da man Apples AppStore Gebühren einspare. Iphone-Dominus Apple wacht nicht nur per AppStore über die Software seiner Nutzer, sondern bietet mit Apple Music auch selbst Streaming-Services an. Dieses Verhalten könnte die Europäische Kommission nun als illegal bestrafen.
🔗 Financial Times | Handelsblatt

AI-Sandbox im Sand? Auf dem World Government Summit in Dubai orakelte OpenAI Boss Sam Altman, dass die Vereinigten Arabischen Emirate ein “Hub für pragmatische Regulierung” von AI werden könnten. Altman, der schon reichlich Sand in den Schuhen haben sollte, weil er gerade auf Geldsuche bei den Scheichs antichambriert, würde die Emirate gern als “Regulatory Sandbox” sehen. Ein regulatorischer Spielplatz für die Entwicklung von Superintelligenz? Bitte nicht. Der AI Staatsminister der Emirate ist überzeugt: “That is an opportunity I personally want to see happen, it is something we are going to push for.”
🔗 Bloomberg | YouTube (Volles Interview)
PS: Wer wird eigentlich unser Staatsminister für AI?

❌ Drei Viertel des Superbowl-Traffic auf X war “Fake Traffic”? Wenn es gerade keine neuen Deepfakes oder Propaganda-Shows auf Twitter gibt, sind globale Megaevents normalerweise die Hochzeiten des Netzwerks. Stolz verkündete X hohe Engagement-Raten zum Super Bowl LVIII. Laut Mashable hat die Cyber Security Plattform CHEQ, die sich auf das Filtern von schädlichem und nicht humanem Internet Traffic (“Bots”) spezialisiert hat, nun herausgefunden, dass es sich bei 76 Prozent der während des Super Bowls an Werbetreibende verkauften Klicks um “Fake Traffic” gehandelt haben könnte. Andere soziale Netzwerke würden nur kleine einstellige Raten aufweisen.
🔗 Twitter Business | Mashable

🔎 OpenAI dringt in Websuche vor: Startups wie Perplexity AI versuchen bereits mittels künstlicher Intelligenz Google Konkurrenz zu machen. Auch Google selbst bezeichnet sich als “AI first” Company und nutzt vermutlich mehr als Machine Learning als jedes andere Unternehmen. Ein Angriff auf die Suche könnte OpenAI gleich auf zweierlei Weise helfen: Einerseits würde Sam Altmans Centicorn mehr Interaktionen und Daten von Nutzern sammeln. Andererseits wäre es für Publisher wie die New York Times deutlich schwerer die Webcrawler von OpenAI zu blocken, wenn die Kalifornier auch eine relevante Suchmaschine auf die Beine stellen können.
🔗 The Information | The Decoder

🚕 Chart der Woche: Nur ein kurzer UpLYFT?

Bis zu 67 Prozent nach Börsenschluss: Am Dienstag verkündete UBER Konkurrent LYFT seine jüngsten Quartalszahlen. Für Euphorie sorgte vor allem der Ausblick, dass die Zukunft eine Margenausweitung um ganze 500 Basispunkte bereit hielte. Trader handelten die Aktie im nachbörslichen Handel immer höher und Hedgefonds, welche die gegen die angeschlagenen Papiere wetteten, mussten sich eindecken.

Nur 40 Minuten später führte die Richtigstellung durch den CFO während des Earnings Calls zu Ernüchterung. Da ist einfach eine Null zu viel in die Pressemitteilung geraten und tatsächlich erwarte man nur eine 50 Basispunkte, also 0,5 Prozent, bessere EBIT-Marge.
🔗 Reuters (Chart)

📺 Sehenswert: René Benko: Der Zocker und die Politik (44 min)

Dass René Benkos SIGNA Konzern inzwischen unter Aufsicht eines Insolvenzverwalters steht und vielen Galeria Kaufhäusern das Aus droht, weil horrende Mieten an die Immobiliengesellschaften ihnen die Luft nahmen, sollten die meisten Leser:innen inzwischen mitbekommen haben.

Auch Benkos gute Verbindungen zur Politik waren ein offenes Geheimnis. Die aktuelle ARD Story “René Benko: Der Zocker und die Politik” dokumentiert meiner Meinung nach aber so kohärent und kompakt wie selten zuvor die Verstrickungen von ehemaligen und zukünftigen Kanzlern, Ministern und Bürgermeistern in die Machenschaften des österreichischen Hasardeurs.

Zurück bleibt leider der Eindruck einer Bananenrepublik, deren öffentliche Kassen und Entscheidungen mit Hilfe wohlbekannter Lobbyisten von gut vernetzten Immobilienspekulanten gekapert werden. Man darf sich nun also fragen, ob der Fall Benko ein Einzelfall ist, oder ob auch andere Investoren derart direkt Einfluss auf die Politik nehmen.
🔗 Das Erste | Mediathek | YouTube

🎧 Hörenswert: Paul Ronzheimer und Filipp Piatov über Alexej Navalny (35 min)

Von der Münchener Sicherheitskonferenz (MSC) besprechen BILD-Vize und Frontreporter Paul Ronzheimer und der stellvertretende Politikchef Filipp Piatov in einer Sonderfolge des Ronzheimer Podcast die Umstände des Todes des russischen Oppositionspolitiker Alexej Navalny. Auch für Menschen, welche die Berichterstattung der BILD nicht schätzen, finde ich den 35-minütigen Podcast eine gute Einordnung des Todesfalls, gespickt mit zahlreichen Navalny-Anekdoten.
🔗 Twitter (Paul Ronzheimer) | Spotify | Apple Podcasts

I’m on the blackest part of the blacklist.

Andrej Navalny. 16. Februar 2024 - Der Russische Antikorruptionsaktivist und Oppositionspolitiker verstarb diese Woche - ebenso überraschend wie viele andere Putin-Kritiker - in Haft in einer sibirischen Strafkolonie.

🖨️ Earnings Season: Quartalsergebnisse der Woche

Dienstag 20. Feb: Walmart (BMO), Home Depot (BMO), Palo Alto Networks (AMC), Teladoc (AMC)
Mittwoch 21. Feb: Wix (BMO), NVIDIA (AMC), Etsy (AMC), Rivian + Lucid (AMC)
Donnerstag 22. Feb: Mercedes Benz (BMO), Moderna (BMO), fiverr (BMO), Wayfair (BMO), Block, ehemals Square (AMC), Carvana (AMC), Mercado Libre (AMC), Nu Holdings (AMC), Booking (AMC), Intuit (AMC)
Freitag 23. Feb: Deutsche Telekom

AMC: After Markets Close (nach Börsenschluss 22 Uhr) | BMO: Before Markets Open (morgens)
Nicht vollständig, lediglich Aktien, die wir als relevant erachten oder im Podcast/Sheet covern.

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