KW7 - Chips, Scheiche und 7 Billionen US-Dollar

Doppelgänger Update (BETA)

Von Philipp Klöckner · 12. Februar 2024


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❤️ Danke an Felix, Patrick und Manuel, die diese Woche die meisten neuen Leser:innen auf unseren Newsletter aufmerksam gemacht haben, aber auch an alle anderen! Die “Share the Newsletter” Funktion findet ihr am Ende der aktuellen Ausgabe und das Rennen startet jeden Montag von neuem. Der heutige Newsletter hat 1.805 Worte und das vollständige Lesen dauert weniger als 5 Minuten. Heute ist der 12. Februar 2024 und die KW7 startet.

PS: Am Mittwoch ist übrigens 💐Valentinstag! Wie wäre es mal mit etwas gemeinsamer Zeit statt Schnittblumen von der Tanke?

💸 Sam Altman könnte 7 Billionen US-Dollar für Chips brauchen

Was ist passiert? Das Wall Street Journal berichtete letzte Woche, dass OpenAI-CEO Sam Altman weiterhin auf der Suche nach Geldgebern für ein gigantisches Chip Unternehmen zu sein scheint. Das Projekt könnte einer Quelle nach bis zu 7 Billionen US-Dollar (das sind 7 Millionen Millionen 🤯) an Kapitalbedarf entwickeln.

Warum das wichtig ist: Neben Trainingsdaten und Zugang zu Endkunden ist leistungsfähige Hardware das Haupt-Bottleneck für die Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz. Die begehrten A100/H100 Grafikprozessoren (GPUs) des Herstellers NVIDIA, die sich besonders gut für AI-Anwendungen eignen, bescheren dem Unternehmen Rekordergebnis nach Rekordergebnis. Die Knappheit performanter GPUs sorgt zwar für Traummargen bei NVIDIA, den Bedarf kann das Unternehmen aber nicht decken. Die größten Tech-Plattformen Microsoft, Amazon, Google, Facebook, Tesla und Apple bauen daher alle seit Jahren an eigenen hochspezialisierten ASICS (Application-Specific Integrated Circuits) und Tensor-GPUs. Sam Altman sieht mindestens dreierlei Faktoren: (1) Die Abhängingkeit von der Supply Chain wie NVIDIA und TSMC, die er sicher de-risken möchte, (2) die finanzielle Attraktivität des Chip-Sektors in einer von AI dominierten Welt, aber auch (3) das Wachstumshemmnis für OpenAI, sollte die Lieferkette so angespannt bleiben. Letztlich sollte es auch für die USA ein geostrategisches Interesse darstellen, weitere Chipunternehmen zu inkorporieren. (4)

ABER: Die Zahl von 5 bis 7 Billionen US-Dollar Kapitalbedarf stammt von einer einzelnen mit dem Verfahren vertrauten Quelle. Ganz sicher ist der Aufbau einer oder mehrerer Chip-Fabriken kein günstiges Unterfangen und verbraucht Milliarden an Forschungsgeldern und Investitionsausgaben. 7.000.000.000.000 US-Dollar wäre aber dennoch eine schlicht astronomische Summe.

Wir sprechen vom 3-fachen der deutschen Staatsverschuldung oder mehr als dem doppelten der Marktkapitalisierung des wertvollsten Unternehmen der Welt, Microsoft. In der gesamten letzten Dekade wurde nicht einmal eine Billion an Wagniskapital für den gesamten Markt eingesammelt (siehe Grafik unten). Sämtliche öffentliche Pensionskassen der USA kämen nicht auf diese Summe, selbst wollte man sie so risikoreich anlegen. Das Wallstreet Journal hat hier den Realismus wohl einer guten Schlagzeile geopfert und nicht so genau nachgerechnet.

Fairerweise, muss man sagen, dass Altman im Mittleren Osten wohl die besten Aussichten auf massive Investitionen hat. Während die typischen Risikokapitalgeber wegen IPO- und M&A-Flaute Igel in den Taschen haben, liefert allein der Öl-Konzern Saudi Aramco dieses Jahr sicher wieder mehr als 100 Milliarden US-Dollar an Ölprofiten ab.

Und jetzt? Zweifelsohne braucht der Chipsektor mehr Konkurrenz. NVIDIA geht stramm auf 80% Bruttomarge zu und behält schon jetzt die Hälfte des Umsatzes als Profit ein. Wird künstliche Intelligenz nur annähernd so relevant wie Experten glauben, kann Wachstum, Erfolg und Zugang zu Ressourcen nicht von wenigen Unternehmen abhängig sein. Sam Altman möchte sich sicher nicht nur Kapazitäten sichern, sondern würde Chips vermutlich auch noch besser auf die eigenen AI-Applikationen zuschneiden. Diese Spezial-Schaltkreise selbst zu entwickeln sollte in jedem Fall ein prima Geschäftsmodell sein. Es könnte aber auch ein weiterer Burggraben für OpenAI werden.
🔗 WSJ | CNBC

Das sind die weiteren News der Woche: 

💰 Bund stellt 1,75 Milliarden Euro für innovative Startups bereit. Zu 1,6 Milliarden Euro aus dem schon 2021 angekündigten “Zukunftsfonds” kommen weitere 150 Millionen Euro aus einem ERP-Sondervermögen. Erstmals wird der Staat nicht nur Co-Investor in Fonds, sondern will über die staatliche Förderbank KfW auch direkt investieren. Bedingung bleibt aber, dass jeweils mindestens die gleiche Summe aus privaten Mitteln investiert wird. Warum die erfolgreichsten Startups sich die Due Diligence der KfW gönnen sollten; oder warum Wagniskapitalfinanzierer Top-Deals mit dem Staat teilen wollten ist mir jedoch noch nicht klar. Für Startup-Deutschland ist das Paket vermutlich trotzdem nützlich und das Geld der Bürger besser investiert als bei der TUI.
🔗 BMWK | DeutschlandFunk | manager magazin

🪪 Fake Ausweise dank AI. Um die Know-Your-Customer (KYC) Verfahren von Finanzinstituten zu überwinden, würden die gefälschten Dokumente der Website OnlyFake wohl nicht reichen. Einen Türsteher überwinden, im 7eleven Alkohol kaufen oder einen Twitter-Account verifizieren kann man mittels der AI-generierten Fake-IDs aber schon. Dank Neuraler Netzwerke, also Künstlicher Intelligenz, lassen sich auf der Website mit wenig Aufwand Tausende falscher Führerscheine oder Ausweise generieren.
🔗 404 media

❌ X (vormals Twitter) Nr. 1 App im AppStore. Stolz verbreitet Elon Musk diese Woche, dass X für einen Moment die “#1 News App” in Apples AppStore war. Die offensichtlichen Gründe für das gesteigerte Interesse sind weniger glamourös: Zum einen kursieren auf der Plattform Deepfakes bzw. Nacktfotos der hyper-populären Musiker Taylor Swift und Drake. Zum anderen veröffentlichte der Journalist Nützliche Idiot und ex-Fox-News Agitator Tucker Carlson ein Kamingespräch mit Kriegsverbrecher Wladimir Putin auf der Plattform X. Dass Elon Musk Twitter kaufte um regelmäßig echten Journalismus zu diskreditieren und als Propaganda zu bezeichnen, während er gleichzeitig russische Propaganda-Aufführungen auf seinem eigenen Account promotet, hinterlässt wie üblich einen faden Geschmack.
🔗 CNN (Abby Phillip) | Spiegel | Zeit

👓 Apple Vision Pro wird ausgeliefert: In den USA beginnt die Auslieferung der 3.500 US-Dollar teuren AR-Brille "Vision Pro”. Die Erfahrungsberichte sind prinzipiell gemischt, aber viele Trendspotter sehen die erste Version der Augmented Reality Brille als Durchbruch und wegweisend für Spatial Computing, also der Arbeit mir virtuellen Hilfsmitteln im scheinbar echten Raum. Ein großer Vorteil für Apple könnte in dem Fakt liegen, dass man mit den eigenen Apple-Kathedralen in Großstädten schon die perfekten Showrooms hat, um Kunden die Produkte begreifbar zu machen.
🔗 YouTube (Marques Brownlee) | YouTube (Casey Neistat) | t3n

💊 Chart der Woche: Ist Deutschland tatsächlich der “kranke Mann” Europas?

Drückt der erhöhte Krankenstand Deutschland in die Rezession? Laut einer Studie des Verbandes der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa), die natürlich das Gegenmittel gern verkaufen, wäre Deutschland 2023 um 0,5% gewachsen, wenn Arbeitnehmer:innen nicht öfter krank gewesen wären. Fast 50% liegen die Krankmeldungen über dem Vor-Corona-Niveau.

Die Gründe für den Anstieg sind - wie immer - vielfältig. Belegt konnte immerhin werden, dass die bessere Hygiene während der Corona-Jahre zum praktischen Ausbleiben der Grippewellen führte. 2023 kamen Atemwegskrankheiten von Influenza über RSV und sonstigen Erkältungen stark zurück und trieben die Zahlen. Auch psychische Erkrankungen nehmen weiter zu, was nicht zuletzt auch der Corona-Zeit und der verschärften (welt-)politischen Lage geschuldet sein könnte. Dass Arbeitnehmer mehr krankfeiern, lässt sich anhand des Faktes, dass die Krankmeldungen einer normalen saisonalen Verteilung folgen eher nicht bestätigen.

Am wenigsten krank sind übrigens die Arbeitenden in Hamburg (18,4 Tage) und Baden-Württemberg (19,4 Tage). Menschen in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sammeln fast 50% mehr Krankheitstage (fast 30 Tage) laut des iwd, der auch Branchen, Berufsgruppen und Alter vergleicht. Im internationalen Vergleich sind Deutsche übrigens eher wenig krank. So lässt sich eben schwer beweisen, dass wir tatsächlich der kranke Mann Europas wären.
🔗Tagesschau | iwd | vfa (Studie)

A healthy person has a hundred wishes, but a sick person has only one.

Quelle nicht 100% verifiziert. Aber es war niemand von denen, die es auf LinkedIn posten und ganz sicher nicht Tony Robbins.

📺 Sehenswert: Rainer Strack - The Workforce Crisis of 2030 (12min)

Rainer Strack war Senior Partner bei BCG und gilt auch weiterhin als eine der relevantesten Human Resources-Stimmen in Deutschland und Europa. Ein weiterer Beweis dafür, dass echte Experten oft keine LinkedIn Top Voice Badges tragen.

Den 12-minütige TED-Talk von 2014 (!) hat der HeyJobs-CEO Marius Luther diese Woche in meine Timeline gespült. Der inzwischen 10 Jahre alte Beitrag könnte relevanter nicht sein. Zusammen mit der Klimakrise, ist die demografische Lage Deutschlands und vieler entwickelter Volkswirtschaften die größte Herausforderung der kommenden Jahre und Jahrzehnte. Statt die Bevölkerung mit Themen wie Gendersprache und Heizkessel zu polarisieren, sollten Parteien in Regierung und Opposition für dieses manifeste Problem bessere Konzepte vorlegen.
🔗 TED | LinkedIn (Marius Luther)

🎧 Hörenswert: Handelsblatt Crime - Der Elbtower (ca. 43min)

Für das Format Handelsblatt Crime untersucht das Investigativ-Team des Handelsblatts das Projekt Elbtower in der Hamburger Hafen City. Dabei gibt es Einblicke in die Entscheidung für den inzwischen insolventen Immobilien-Konzern SIGNA, Fragen bzgl. der Redlichkeit von René Benko und die Erklärung, warum die Hamburger die Bauruine jetzt den “kleinen Olaf” nennen.

🔗 Handelsblatt | Spotify | Apple Podcasts

🖨️ Earnings Season: Quartalsergebnisse der Woche

Montag 12. Feb: Monday.com (BMO), Arista Networks (AMC)
Dienstag 13. Feb: Shotify (BMO), Datadog (BMO), Airbnb (AMC), Upstart (AMC), Robinhood (AMC), Lyft (AMC), Instacart (AMC), Zillow (AMC)
Mittwoch 14. Feb: Twilio (AMC), Fastly (AMC), Hubspot (AMC), UpWork (AMC)
Donnerstag 15. Feb: Oatly (BMO), Coinbase (AMC), Roku (AMC), theTradeDesk (AMC), Doordash (AMC), Opendoor (AMC)

AMC: After Markets Close (nach Börsenschluss 22 Uhr) | BMO: Before Markets Open (morgens)
Nicht vollständig, lediglich Aktien, die wir als relevant erachten oder im Podcast/Sheet covern.

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