- Doppelgänger Update
- Posts
- KW3 - Der RobinHood aus dem Weinbergspark
KW3 - Der RobinHood aus dem Weinbergspark
Doppelgänger Update (BETA)
Von Philipp Klöckner · 15. Januar 2024
👋 Hallo! Du empfängst diesen Newsletter als eine(r) von 9.586 Abonnent:innen (+2.864). ❤️ Danke an Alex, Hajo und Erik, die diese Woche die meisten neuen Leser:innen auf unseren Newsletter aufmerksam gemacht haben, aber auch an alle anderen! Die “Share the Newsletter” Funktion findet ihr am Ende der aktuellen Ausgabe. Der heutige Newsletter hat 1.345 Worte und das Lesen dauert weniger als 5 Minuten. Heute ist der 15. Januar und die KW3 startet.
🪶 Ist Trade Republic der bessere Robin Hood?
Trade Republic CEO Christian Hecker (im Bild) verkündet neue Rekorde
Diese Woche beging der Neo-Broker Trade Republic seinen fünften Geburtstag, veranstaltete eine skurrile Rentenlücken-Demo im Berliner Weinberspark und launchte eine vollverspiegelte VISA Debit-Karte mit 1% “Safeback” Vergütung. Interessanter jedoch fand ich die Einblicke in die Unternehmensentwicklung, mit denen CEO Christian Hecker die Kampagne spickte.
Laut eigenen Angaben nutzen 4 Millionen Nutzer die Berliner Brokerage App und bringen es auf ein verwahrtes Vermögen von nunmehr 35 Milliarden Euro, was knapp 9.000 Euro pro Anleger:in entsprechen würde. Einen Teil der Ersparnisse könnte man auch zuletzt mit einer aggressiven 4% Zinskampagne akquiriert haben. Zudem mache das einst mit 5 Milliarden Euro bewertete Startup im abgelaufenen Finanzjahr einen “deutlich zweistelligen Nettogewinn”. Geld verdient Trade Republic mit Provisionen für ETFs und andere Produkte, kleinen Kostenpauschalen für Wertpapiertransaktionen und dem Konzept Payment for Order Flow (PFOF), welches 2026 verboten werden könnte.
Spannend ist ein Vergleich zum US-Vorreiter RobinHood. Die gamifizierte Trading-App ist mit ca. 10 Milliarden US-Dollar bewertet, obwohl sie nur etwa 2,5x so viel Vermögen verwaltet wie die Berliner. Der gleiche Maßstab an Trade Republic angelegt, würde weiterhin eine Bewertung von 4 Milliarden Euro für Trade Republic implizieren und die Hoffnung nähren, dass es dem Startup gelingt, in seine einstige Rekordbewertung hineinzuwachsen, obwohl Zinsumfeld und Börsenklima sich signifikant verändert haben.
Den Vergleich zur Zocker-App RobinHood würde TR-Gründer Christian Hecker wohl ablehnen, und seine Strategie scheint tatsächlich eine bessere zu sein. Während die Mehrheit der Trade Republikaner gewissenhaft per Sparplan die Konten füllt und vom Wertzuwachs passiver ETFs und Aktiensparplänen profitiert, verloren die Amerikaner im letzten Jahr allein 1 Mio Nutzer. Die an ein Casino erinnernde App macht weniger als 6% ihrer Umsätze mit dem Handel von Aktien und Fonds. Riskante Geschäfte mit Crypto, Futures, Optionen und anderen Derivaten - teilweise per Zocken auf Pump - haben viele User in die Verlustzone befördert.
So haben RobinHood “Anleger:innen” seit dem IPO 2021 schon 53 Milliarden US-Dollar an Verlusten (“Net Market Losses”) angehäuft. Mehr als 100 Milliarden zahlten Nutzer bisher ein. Doch die kumulierten Verluste seit dem 1. Januar 2020 betrugen mehr als 16 Milliarden US-Dollar. Ein Investment in den breit gestreuten MSCI World Index (Quasi die Risk/Return- und Gebühren-optimale Missionarsstellung der Geldanlage) hätte im gleichen Zeitraum immerhin 45% Gewinn versprochen.
Und obwohl RobinHood, wie jedes gute Casino, an seinen Spielern auch noch 2% des vergleichsweise kleineren Depotwertes von weniger als 4.000 US-Dollar an Gebühren verdient, lohnt sich das russische Roulette nicht einmal für die Shareholder. Auch die Aktionäre von RobinHood haben vom Allzeithoch circa 80% oder 45 Milliarden US-Dollar an Marktkapitalisierung verloren.
Sollte Trade Republic also weiterhin von Neukundenakquise, Sparplan-Einzahlungen und Marktgewinnen profitieren, könnten die langweiligen aber berechenbare Nutzerkohorten die Bewertung des deutschen Unicorns eines Tages über die von RobinHood treiben und die Berliner zum Decacorn machen. Eine Wette, die ich eingehen würde.
Das sind die weiteren News der Woche:
📉 Publisher geben Twitter und Facebook auf: Das REUTERS Institute an der Oxford University hat seine “Journalism, media, and technology trends and predictions 2024” veröffentlicht. Während mehr als die Hälfte der News Leader mehr in WhatsApp und TikTok investieren wollen, scheinen immer mehr Publisher jegliche Hoffnung für X/Twitter und Facebook verloren zu haben.
🔗 REUTERS Institute
💊 Hat CVC ein deutsches Unicorn entdeckt? Die Londoner Private Equity Firma CVC, welche zuletzt auch schon in The Quality Group (ESN, more nutrition) investiert hat, stöbert weiter nach Supplements für ihr Portfolio. Laut Bloomberg, sind die Briten in Gesprächen, die den Berliner Versender von Naturprodukten Sunday Natural mit fast 1 Milliarde US-Dollar bewerten könnten. Background und eine Analyse gibt es auch im aktuellen Doppelgänger Podcast.
🔗 Bloomberg | Podcast
👾 Layoffs bei Discord und Twitch: Die 2011 als Justin.tv gegründete Streamer-Plattform Twitch wurde 2014 für 970 Millionen US-Dollar von Amazon übernommen. Letzte Woche nun musste Twitch 500 Mitarbeiter:innen, bzw. jeden dritten Angestellten gehen lassen. Kurz darauf verkündete Discord, ein serverbasiertes Forum, das von Gamern, Crypto-Dudes und AI-Malern geliebt wird jeden sechsten Mitarbeiter zu entlassen.
🔗 The Verge (Discord) | Bloomberg (Twitch)
⚖️ Google kommt nicht um Rekordstrafe herum: Im seit 13 Jahren laufenden Shopping-Verfahren, bei dem Google 2017 zur Rekordstrafe von 2.4 Milliarden Euro verdonnert wurde könnten die Rechtsmittel bald erschöpft sein. Nachdem Google auch beim höchsten europäischen Gericht Berufung einlegte, empfiehlt die deutsche Professorin und Advocate General beim EUGH Juliane Kokott nun die Strafe aufrecht zu erhalten. In der Mehrheit der Fälle folgt das Gericht der Einschätzung. Einordnung dazu auch im aktuellen Doppelgänger Podcast.
🔗 REUTERS | Spiegel | Podcast
🌡️ Lindner hat Abgesang auf die Bundesrepublik satt: Auf dem traditionellen Dreikönigstreffen, empörte sich ein fiebernder FDP-Chef über die negative Stimmung im deutschen Blätterwald. Der Niedergang würde geradezu herbeigeschrieben. Muss Ulf Poschardt sich jetzt zwischen Untergangsrhetorik und liberaler Linientreue entscheiden?
🔗 FDP (Text) | YouTube | Süddeutsche Zeitung
📉 Chart der Woche: Gründer:innen schlagen den Markt
Die Finanzwissenschaft lehrt uns, dass Märkte effizient sind und es für Normalsterbliche quasi keinen Weg gibt das Ergebnis eines breit streuenden ETFs zu schlagen. Eine erstaunlich einfache Strategie, könnte das widerlegen: Investiere nur in Unternehmen, die noch von ihrem Gründer geführt werden.
Eine Studie an der Purdue Krannert School of Management legt nun nahe, dass Unternehmen in denen der Gründer weiterhin CEO, Chairman, Board Member, Shareholder oder wenigstens Advisor ist den Rest der S&P500 Titel um den Faktor 3.1x outperformt, innovativer sind und 31% mehr Patente generieren, die auch noch wertvoller sind. Zudem neigen sie eher zu mutigen Investitionen und sind bereit ihr Geschäftsmodell anzupassen, soweit erforderlich.
Studie (HBR/Bain) | A16Z
“Don’t. If you don’t have anyone on your founding team capable of being CEO, then sell your company—now.”
Ich bleibe der Tradition treu und empfehle einfach nur Podcasts, bei denen ich zu Gast sein durfte. Zumindest solange bis Friedrich Merz oder Gabor Steingart mich einladen. In der Montagsausgabe von Haken Dran - Das Social Media Update unterhalte ich mich mit Gavin Karlmeier über aktuelle Entwicklungen bei Twitter und anderen sozialen Medien. Gavin erklärt auch, warum Artifact, die neue Social Media App des Instagram-Gründer Kevin Systrom, nach nur einem Jahr schon wieder aufgibt.
🎧 Haken Dran Podcast (60min)
📺 Sehenswert: Barbarians at the Gate (105min)
Das 1993 produzierte Wirtschaftsdrama Barbarians at the Gate dokumentiert auf durchaus unterhaltsame Weise den Übernahmekampf um das US-Unternehmen RJR Nabisco. Firmenboss Ross Johnson, gespielt von James Garner, kämpft mit dem jungen Henry Kravis (KKR) darum, wer den Nahrungsmittel- und Tabakkonzern RJR von der Börse nehmen kann.
Nicht nur die Filmqualität, auch die Methoden der Finanz-Industrie muten aus heutiger Sicht sicher etwas antiquiert an. Dennoch ein unterhaltsamer Streifen zu überwiegend tatsächlichen Ereignissen, der ein paar Insights in die Private Equity Industrie bietet.
📺 YouTube
Ab jetzt wird dieser Newsletter jeden Montagmorgen auf wundersame Weise in Deiner Inbox erscheinen. Einen Faxabruf gibt es leider nicht. Vielleicht solltest Du die Absender-eMail in Deinem eMail-Programm whitelisten oder den Newsletter in Deine Primary Inbox verschieben, um keine Ausgabe zu verpassen.
Danke für Deine Zeit und Aufmerksamkeit! ❤️
📮 Schick mir gern Dein Feedback an [email protected] oder leite diese Mail an Freunde und Kollegen weiter, wenn Du sie nützlich fandest.
Oder nutze diesen Link um ihn in sozialen Netzwerken und mit Freunden zu teilen: https://doppelgaenger.beehiiv.com/subscribe?ref=PLACEHOLDER
Die erfolgreichsten Helfer:innen, erwähnen wir im nächsten Newsletter.