KW26 - Digitale Bücherverbrennung bei xAI

Doppelgänger Update (BETA)

Von Philipp Klöckner · 23. Juni 2025


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🤖 Digitale Bücherverbrennung bei xAI

Weißer Qualm über dem xAI KI Supercluster

Politisch ist Musk quasi zur Persona non grata geworden. Sein Wirken in der selbst ersonnenen DOGE Rotstiftarmee hat fiskalisch wenig erreicht. Gleichzeitig verlor der reichste Mann der Welt, der den Ärmsten die Hilfen kürzte und viele Regierungsbeamter verärgerte, Sympathien auf allen Seiten. Die Trump-Administration chasste ihn zunächst gesichtswahrend; Im anschließenden Beziehungsstreit zwischen Trump und Musk gab es keine Gewinner.

Ideologisch setzt Musk sein Wirken aber fort. Wie schon mehrfach in diesem Newsletter und Podcast prophezeit, wird Musk zunehmend genervt davon, dass sein KI-Schüler Grok ihm nicht nur oft inhaltlich widerspricht und Musks Lügen entlarvt. Musk-Krititiker nutzen den cleveren Eleven auch mehr und mehr um quasi sämtliche Musk-Posts zu factchecken. Mit vorhersehbarem Ergebnis: Regelmäßig erklärt Grok, dass sein Schöpfer unrecht hat und faktenfern argumentiert.

Vor Zensur hat Musk auch zuvor nicht zurückgeschreckt, verpasste dem KI-Chatbot Maulkörbe und Systemanweisungen um Trump zu schützen oder das Märchen eines Genozid an weißen Bauern in Südafrika zu verbreiten. Das ist insofern von Relevanz, weil Musk sich regelmäßig als Hirte der Wahrheit und freien Rede geriert. In Wahrheit dehnt er zwar das Overton Window für politisch gefällige Narrative, während er andere beschneidet.

Jetzt hat der Boss die Faxen dicke. Der Fakt, dass sein intellektueller Nachkomme ihm widerspricht kann nur einen Grund haben: Die Trainingsdaten, aus denen künstliche Intelligenz ihre Schlüsse speist, werden verschmutzt von der fehlerbehafteten Berichterstattung der “Legacy Media”. Absehbar, wie gesagt, dass dieser innere Konflikt eines Tages eskalieren würde.

Musks “Lösung” zeugt von einer Überheblichkeit, welche nur Symptom einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung kann. Nicht weniger als “den gesamten Korpus menschlichen Wissens” möchte Musk revidieren, umschreiben, ergänzen und Fehler ausmerzen wo nötig. Warum sollte er es nicht besser wissen als das gesammelte Wissen der Menschheit.

Konkurrenzmodelle strotzen nach Musks Aussage vor “Abfall” und unkorrekten Daten. Mit Hilfe von Grok 3.5, der neuesten Version, soll die Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes neu geschrieben werden. Das zukünftige Schiedsgericht der Wahrheit? Nicht Medien, Gerichte oder Wissenschaftler, sondern Musk und seine Echokammer X, die er um Hilfe bittet. Diese reicht alsbald erste Vorschläge ein: Zum Beispiel, dass die Opferzahl des Holocaust um 95% nach unten korrigiert werden müsse, von 6 Millionen auf unter 300.000. Der Vorschlag erhält mehr als 37.000 “Likes”. Schon bald eine offizielle Antwort des Modells?

Das kulturelle Erbe der Menschheit zu “editieren” ist nicht nur eine maßlose Überhöhung der eigenen Erleuchtung und Relevanz, sondern die digitale Fortsetzung von Bücherverbrennungen oder entarteter Kunst. Ein faschistoider Potentat, der versucht, Regierungen zu stürzen oder einzusetzen, entscheidet darüber, welche Medien, Quellen, Texte würdig sind, in seine Superintelligenz Einzug zu halten und welche nicht. Es geht letztlich um die Hoheit über Geschichte, Kultur und Wahrheit.

Hinkt der Vergleich? Weder setzt Musk Werke selbst auf den Index noch verbrennt er sie tatsächlich. Das Ziel seiner KI-Unternehmung ist natürlich aber die beste und damit letzte künstliche Intelligenz und potentiell eine Superintelligenz zu erschaffen. Sollte ihm das gelingen, wäre dieser Teil von Wissen und Wahrheit verschollen und für Nutzer:innen kaum noch auffindbar. Bei Entscheidungen oder Vorlagen, die eine KI trifft, wäre es nicht mehr Teil des Prozesses.

Selbstverständlich steht viel Müll im Netz (und anderswo) und natürlich muss eine KI oder deren Trainer entscheiden, welchen Quellen man mehr oder weniger vertrauen kann. Der gleichen Herausforderung stellen sich alle KI-Unternehmen. Der Auswahlprozess sollte idealerweise aber transparent und nachvollziehbar sein. In keinem Fall sollte ein narzisstischer Oligarch oder dessen ideologische Gefolgsleute entscheiden, welches Wissen wertvoll ist und welche Texte, Autoren und Verleger auf dem Scheiterhaufen der Geschichte landen.

Musk geht es nicht um die Wahrheit. Sondern um seine Wahrheit; und darum sein letztes Korrektiv, die sogenannten Mainstream Medien weiter zu diskreditieren. Am liebsten würde er sie offenbar aus dem kulturellen Gedächtnis der Menschheit tilgen. Nichts anderes kündigt er meiner Meinung nach gerade an.
🔗 The Decoder | Futurism

“I don’t think that Facebook or internet platforms in general should be arbiters of truth.

Mark Zuckerberg (Gründer Facebook, CEO META) im Mai 2020

Das sind die weiteren News der Woche: 

✈️ Trump bombardiert Iran. Es gibt gute Gründe warum Israel die derzeitige Überlegenheit und die Isolation des Iran nutzt um per Präventivschlag die Bedrohung durch das Mullah-Regimes zu mindern. Die religiösen Fanatiker haben keinen Hehl daraus gemacht, dass sie jede Chance nutzen würden, um Israel vom Erdboden zu tilgen und haben über Proxy-Armeen (Hisbollah, Houthi, Hamas) den israelischen Staat längst angegriffen. Sofern der Iran glaubhaft in die Nähe von waffenfähigem Uran käme, scheint ein Präventivschlag unausweichlich. Auch weil diplomatische Initiativen seit Jahrzehnten scheitern. Trumps Entsendung von B2 Tarnkappenbombern mit bunkerbrechenden Bomben wird die republikanische Partei ein weiteres mal spalten. Das Beenden der “Forever Wars” war quasi auf Trumps Wahlkampfticket. Nun tritt Trump in einen neuen Krieg ein. Unnötige Interventionen und sinnlosen Imperialismus hatten er und seine Getreuen, wie KI-Zar David Sacks, ursprünglich den “Neocon Warmongers” vorgeworfen. Auch hatte Trump Obama einst vorgeworfen, dass dieser einen Krieg mit dem Iran riskiert weil er zu dumm zum verhandeln wäre. Was sagt das über Trump heute? Vor allem das er ein Opportunist ist, den sein Geschwätz von gestern natürlich nicht interessiert. Trump hat am Verhandlungstisch bisher nichts gerissen und der Wirtschaft geht es auch nicht besser. Sich in letzter Minute noch der überraschend wirksamen Kampagne Netanyahus anzuschließen, lässt ihn wie ein Sieger erscheinen und täuscht über seine mangelnde Selbstwirksamkeit hinweg. Wenn Bonds, Bills und Bullying nicht funktioniert, schmeiß halt Bomben.
🔗 Tagesschau

🛒 Kauft Apple Perplexity? Apple könnte ganz sicher Unterstützung bei der KI-Strategie gebrauchen. Tiefe Taschen hat das Unternehmen eh. Perplexity wiederum tut sich schwer damit Geld zu verdienen. Wir besprachen es im Podcast. Entweder sticht Perplexity mit Absicht GEspräche mit OpenAI, META und Apple durch um seinen Preis zu erhöhen, oder man könnte einem Deal mit Apple nahe sein.
🔗 Bloomberg

🏜️ Softbank CEO träumt von Billion-Dollar-KI-Hub: Vorstellungsgabe und Ambition waren nie die Schwäche von Softbank-Lenker Masayoshi Son. Der Grenzgänger will jetzt mit dem taiwanesischen Chip-Giganten TSMC und der Unterstützung der Trump-Administration einen Billionen-Komplex in der Wüste Arizonas aus dem Sand heben.
🔗 Bloomberg


🪰 Weitere News gibt es in der letzten Folge des Doppelgänger Podcast…
🔗 Doppelgänger Podcast

📈 Chart der Woche: ChatGPT Nutzung übertrifft X

Quelle: Altimeter | Exponential View

Treue Gefolgsleute von Elon Musk wissen: nichts kann das massive Userwachstum seiner Plattform X in den Schatten stellen. Legacy-Analyse-Tool SensorTower (bald vermutlich von Grok “vergessen”) sieht hingegen ChatGPT im Vormarsch, während X kontinuierlich an Reichweite verliert.

📺 Sehenswert: NDR Panorama - Polizeisoftware Palantir: Fluch oder Segen? (ca. 8 min)

Mit dem Zusammenführen enormer Datenmengen soll Palantir der Polizei bei der Ermittlungsarbeit helfen. Das Innenministerium möchte die Software gerne bundesweit einführen. Kritiker sehen in ihr jedoch einen großen Schritt in Richtung Überwachungsstaat. Recherchen von NDR, WDR und SZ zeigen Gefahren auf. Ich empfehle zudem die ApoFiKa-Episode mit Linus Neumann (u.a. CCC) zum Thema.
🔗 Mediathek | SZ | Netzpolitik | Tagesschau

🖨️ Earnings Season: Quartalsergebnisse der Woche

Montag 23. Juni: Factset (BMO)
Dienstag 24. Juni: FedEx (AMC)
Mittwoch 25. Juni: Micron (AMC)
Donnerstag 26. Juni: Nike (AMC)
Freitag 27. Juni:

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Die erfolgreichsten Helfer:innen, erwähnen wir im nächsten Newsletter.