KW24 - Wenn zwei sich streiten, freut sich die Mitte

Doppelgänger Update (BETA)

Von Philipp Klöckner · 9. Juni 2025


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🤖 Wenn zwei sich streiten, freut sich die Mitte

Es kam, was kommen musste. Wenn zwei Narzissten eine Liaison eingehen, sei es auch nur eine Zweckfreundschaft, die der Mehrung des eigenen Wohlstands dient, ist die Trennung bereits vorprogrammiert. Zumindest war das die fast einhellige Meinung politischer Kommentatoren mit Bezug auf die plötzliche Bromance zwischen Tech-Milliardär Elon Musk und “seinem” Präsidentschaftskandidaten Donald J. Trump während dessen Kampagne.

Inzwischen ist Trump erneut US-Präsident und der reichste Mann der Welt der Inbegriff eines Tech-Oligarchen geworden. Hand-in-Hand fördert man die Zwecke des jeweils anderen. Musk schwadronierte über die Grenze, verkrüppelt mit DOGE (aber eigentlich dem Projekt 2025 getreu) unliebsame Ministerien und Beamte, schluckte sogar Trumps wahnwitzige Handels- und Wirtschaftspolitik. Während Trump SpaceX mit Regierungsverträgen versorgte, Tech Bros via DOGE in wichtige Positionen der Administration einschleuste, in einem peinlichen PR-Stunt einen Tesla vorm weißen Haus parkte und Musk das White House mit Starlink ausrüsten lässt, als gäbe es keine Sicherheitsanforderungen.

Musk und Trump könnten unterschiedlicher nicht sein. Musk ist zweifelsohne ein talentierter und erfolgreicher Unternehmer, Trump wäre besser beraten gewesen, das Erbe seines Vaters von einem Vormund verwalten zu lassen. Musk scheint überdurchschnittlich intelligent, manche meinen genial, Trump… nicht. Verbinden tut sie maximal ihre Vielweiberei und die damit verbundene zahlreiche Nachkommenschaft. Dennoch zogen sie seit dem Attentat am 13. Juli 2024 für fast ein Jahr am selben Strang. Mehr noch, sie übersäten sich gegenseitig mit vermeintlicher Wertschätzung und Liebesbekundungen, wichen nicht mehr von der Seite des anderen. Journalisten scherzten, Trump könne nicht mal mehr das WC besuchen, ohne dass Musk und sein Sohn X an ihm klebten.

Der 5. Juni 2025 wird als der Tag der Trennung in die Chronologie dieser Beziehung zweier Alpha-Maliziösen eingehen. Denn nachdem Musk zuvor noch scheinbar ehrenhaft mit der Übergabe eines vergoldeten Schlüssels seine Zeit als Regierungsbeauftrager nach 130 Tagen fristgemäß beschloss, wagte es der vorherige Trump-Vertraute die “Big Beautiful Bill” des egomanen Präsidenten als verschwenderische Schändlichkeit zu bezeichnen. Wohlwissend, dass Trumps Liebe nur sich selbst und seinen loyalen Lakaien gilt, während er nichts mehr hasst als abtrünnige Verräter, die er oft noch Jahre später für ihre Verfehlungen bestraft.

Der Eklat schien ein Vorspiel gehabt zu haben. Zur Schlüsselübergabe erschien Musk mit einem blauen Auge. Lautstark stritt sich der Tech-Oligarch bereits früher mit Finanzminister Bessent. Trumps Handelspolitik schadete Musks Unternehmen, Musks kindisches Verhalten wiederum der Beliebtheit der Trump-Administration. Insider rechneten jedoch damit, dass man versuchen würde, Musks Wirken in der Regierung über 130 Tage hinaus zu verlängern. Die Möglichkeiten wurden angeblich bereits ausgelotet.

Stattdessen sah Musk sich kürzlich in einem New York Times Artikel Anschuldigungen von exzessiven Drogenmissbrauch und Überforderung beim Management seines Privatlebens ausgesetzt. (Der CEO von Tesla, SpaceX, X, Xai, Boring Company und Co. scheint sein Beziehungsleben ähnlich mehrgleisig zu strukturieren wie seine Firmenzugehörigkeit.) Stichhaltige Hinweise erhielt die New York Times dem Anschein nach von Vertrauten der Trump-Kampagne. Wer sonst sollte Musks Verhalten in Trumps Privatflugzeug dokumentieren können? Wurde der Scheidungskrieg vom Team Trump bereits vorbereitet?

Derweil kämpft man mit offenem Visier. Trump nennt Elon CRAZY, rügt sein Drogenproblem und droht, Musk Regierungsaufträge zu entziehen, wenn ihm Sparsamkeit so wichtig wäre. Dieser wiederum droht damit, das Dragon Raumschiff außer Dienst zu stellen, was vier US-Astronauten auf der ISS stranden ließe, und nennt Trump undankbar, auch weil dieser ohne seine finanzielle Hilfe nie die Wahl gewonnen hätte. Letztlich will Musk “die Bombe platzen lassen” und behauptet, Trump würde die Epstein-Files nicht freigeben lassen, weil er selbst darin vorkomme.

Vermutlich würde es dem über jedes Schamgefühl erhabenen Teflon-Trump nicht einmal schaden, käme heraus, dass er sich von Epstein minderjährige Schönheiten hätte zuführen lassen. Es gibt ausreichend Fotos, die bereits belegen, dass Trump und Epstein sich kannten, scheinbar schätzten und auch mit jungen Frauen posierten. Musk weiß natürlich aber, dass die Epstein-Akten für die MAGA-Bewegung eine Art religiöse Bundeslade darstellen, weil man insgeheim hofft, in ihnen Beweise für elitäre Pädophilenringe zu finden, denen das politische und wirtschaftliche Establishment angehört.

Hinter den Namen Musk und Trump stehen vor allem auch zwei politische Lager einer Zweckgemeinschaft. Trumps MAGA Bewegung, deren Chef-Ideologe Steve Bannon, evangelikale Gläubige und rechtspopulistische Tea Party Anhänger auf der einen Seite, Musk, JD Vance und eine Front aus libertären Tech-Bros und opportunistischen Unternehmern mit Sympathien für das Weltbild des Peter Thiel auf der anderen. Fällt Musk in Ungnade, müssen auch seine Silicon Valley Verbündeten um ihren Stand fürchten.

So zum Beispiel der für den Vorsitz der NASA nominierte Musk-Vertraute Jared Isaacman, der just am Tag von Musks Ausscheiden erfuhr, dass für ihn nun auf einmal keine Verwendung mehr bestünde. Zittern müssen sicherlich auch Crypto- und KI-Zar David Sacks (Craft Ventures), Antonio Gracias (Valor Equity Partners) oder sogar Thiel-Zögling JD Vance. Trump tauschte in seiner ersten Amtszeit Funktionäre wie Quartettkarten aus. Wenn Musk zur Persona non grata wird - Trump drohte sogar seinen Migrationsstatus zu überprüfen - sollten DOGE-Mitarbeiter und Musks Minions achtkantig aus den Ministerien fliegen. Sogar der Kurs von Thiels Firma Palantir brach zusammen mit Musks Firmenwerten ein.

Musks Zorn widmet sich nun direkt Steve Bannon, der mutmaßlich schon länger hinter Musks Rücken intrigierte, sich aber auch offen gegen Musks Machtzugang aussprach. Den reichsten Mann der Welt sich in die Regierung einkaufen lassen und Elitenmigration fördern, passte von Anfang an nicht in die MAGA-Logik. Musk scheint was Trump angeht auf einem Mäßigungskurs zu schwenken und vorherige Drohtweets zu löschen. Trump aber ist verletzt und wird weiterhin von Reportern zu seiner neuen Nemesis befragt werden. Unwahrscheinlich, dass er die Größe haben wird, die Hand auszustrecken.

I knew one day I’d have to watch powerful men burn the world down - I just didn’t expect them to be such losers.

Rebecca Shaw (Kolumnistin - The Guardian)

Das sind die weiteren News der Woche: 

💰 META möchte bis zu 10 Milliarden US-Dollar in Scale AI stecken. Die Bewertung des KI-Ökosystem Startups lag zuletzt bei 14 Milliarden US-Dollar. Nun möchte Zuck die Firma signifikant mitfinanzieren. Scale AI bietet sogenannte Data Labeling Dienstleistungen an. Das heißt, Clickworker klassifizieren Millionen von Datenpunkten als Grundlage für späteres Machine Learning. Zu den Kunden von Scale AI gehören fast alle relevanten KI-Unternehmen wie Microsoft oder auch OpenAI.
🔗 Bloomberg

🔗 ChatGPT baut Verbindungen: Die Nachricht sollte dem ein oder anderen Startup und Investor Sorgenfalten machen. OpenAI erlaubt ChatGPT nun Ad-Hoc auf gängige Datenquellen wie Outlook, Teams, Google Drive und Gmail zuzugreifen. Auch SharePoint, Dropbox oder Box können dem Chatbot in Zukunft in Echtzeit Daten für Kontext zur Verfügung stellen. Weitere Datenquellen lassen sich per Standard-Protokoll anprogrammieren. Damit wird ChatGPT zum echten Enterprise-Tool und viele Startups, die darauf beruht haben interne Datenquellen mit Hilfe von KI-Bots zu analysieren werden “featurized” und könnten es bald schwerer haben, ihre Dienste zu verkaufen.
🔗 OpenAI | TechCrunch

🇪🇺 AWS startet souveräne EU-Cloud: Die Unberechenbarkeit der Trump-Administration und eigene Abhängigkeit von US-Dienstleistern im Bereich IT, Cloud und Kommunikation lässt viele europäische Firmen über ihren Software-Stack nachdenken. Die US-Anbieter passen sich an. Nun bietet auch Amazon eine EU-basierte Infrastruktur für Hyperscaling an. Europäische Standorte, Teams, Sicherheit und ein hohes Maß an Unabhängigkeit von den US verspricht AWS.
🔗 Amazon Web Services 

📡 Trojanisches Pferd? Wie Starlink es ins Weiße Haus schaffte: Die Washington Post (im Besitz von Jeff Bezos) berichtet, dass der Sicherheitsdienst des Weißen Hauses besorgt war und ist, weil Elon Musk kurzer Hand seinen Starlink Satelliten-Internet-Service im Weißen Haus installieren ließ. Damit könnte SpaceX nicht nur Kommunikation überwachen. Problematisch finde ich auch, dass während alle Daten und Geräte, die zum Beispiel Daten aus dem White House senden, würden normalerweise überwacht und Transfers rückverfolgbar wären. Per Starlink könnte aber jedermann sensible Daten, Ton- oder Videoaufnahmen aus dem Präsidentenpalast übermitteln. Musk ließ den Service installieren, weil angeblich das Wifi im Weißen Haus zu schlecht war. Ein Umstand, mit dem frühere Regierungen offenbar besser klar kamen.
🔗 The Washington Post

🪰 Weitere News gibt es in der letzten Folge des Doppelgänger Podcast…
🔗 Doppelgänger Podcast

📽️ Chart der Woche: Mary Meeker AI Trends

Die Reports von Mary Meeker wurden in der Tech-Bubble früher heißer erwartet als der Black Friday. Ihr Internet Trends Report erschien das letzte Mal 2019. Nun veröffentlicht sie unter ihrer neuen Firma BOND Capital einen neuen Report, der sich ausschließlich mit dem Thema KI befasst.

Unter den 340 Folien, findet sich auch die hier gezeigte, welche eindrucksvoll veranschaulicht, wie OpenAI angeblich nur 2 Jahre brauchte, um zu erreichen, wofür Google ganze 11 Jahre benötigte, nämlich eine Milliarde Abfragen am Tag zu generieren. Bei Google rechnet Frau Meeker ab der Firmengründung, bei OpenAI sieht sie darüber hinweg, dass die Firma seit 2015 existiert und stellt stattdessen auf den Launch von ChatGPT ab.
🔗 BOND Capital

📺 Sehenswert: Capital B - Wem gehört Berlin? (5 Folgen)

Die Doku-Serie "Capital B" illustriert die Geschichte Berlins seit dem Mauerfall 1989. Schnell entwickelte sich die Vision einer pulsierenden Metropole, allerdings gibt es bis heute vielfältige Konflikte um die Zukunft dieser Mega-City. Wie wurde Berlin zur Stadt, wie wir sie heute kennen?

Für Nicht-Berliner und Zugezogener ist die fünfteilige Arte-Doku ein spannender Download über die jüngere Geschichte Berlins. Alt-Berliner können in Erinnerungen schwelgen oder Einblicke in “die andere Seite” genießen.
🔗 Arte.tv | YouTube

🎧 Hörenswert: OMR Podcast #807 mit Philipp Klöckner (ca. 68 min)

Im Rahmen des ruhrSummit in Bochum konnte ich mit OMR-Host Philipp Westermeyer nah seiner Heimat über Künstliche Intelligenz, die Chancen für neue soziale Netzwerke
🔗 OMR | Spotify | Apple

🎧 Immer noch hörenswert: Die Peter Thiel Story (DLF Podcast)

Peter Thiel ist der Strippenzieher hinter dem kulturellen Rechtsruck in den USA und einer der wichtigsten Unterstützer von Donald Trump. Mit Paypal und Facebook ist er reich geworden. Das ist die Geschichte des geheimnisvollen Tech-Milliardärs. Die Podcast-Serie des Deutschlandfunk schaut hinter die Kulissen und profiliert einen der Puppenspieler der US-Politik. Der Deutschlandfunk hat aufgrund der aktuellen Lage nun schon sämtliche Folgen releast.
🔗 Deutschlandfunk | Spotify | Apple

🖨️ Earnings Season: Quartalsergebnisse der Woche

Montag 9. Juni: Pfingstmontag
Dienstag 10. Juni: GameStop (AMC), GitLab (AMC), Stitch Fix(AMC)
Mittwoch 11. Juni: chewy (BMO), Oracle (AMC)
Donnerstag 12. Juni: Adobe (AMC)
Freitag 13. Juni:

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