- Doppelgänger Update
- Posts
- KW15 - Tech-Tax statt Zollpfosten-Ökonomie!
KW15 - Tech-Tax statt Zollpfosten-Ökonomie!
Doppelgänger Update (BETA)
Von Philipp Klöckner · 07. April 2025
👋 Hallo! Du empfängst diesen Newsletter als eine(r) von 18,577 Abonnent:innen (+66).
❤️ Danke an alle, die letzte Woche neue Leser:innen auf unseren Newsletter aufmerksam gemacht haben! Die “Share the Newsletter” Funktion findet ihr am Ende der aktuellen Ausgabe und das Rennen startet jeden Montag von neuem. Der heutige Newsletter hat 1,386 Wörter und das vollständige Lesen dauert etwa 5 Minuten. Heute ist Montag, der 07. April 2025 und die KW15 startet.
🏰 Tech-Tax statt Zollpfosten-Ökonomie!

Was ist passiert? Diese Woche versammelten sich im Rosengarten des Weißen Haus geladene Gäste und Journalisten um dem neusten Geniestreich des amtierenden US-Präsidenten Donald J. Trump beizuwohnen. Auf großen Papptafeln verkündete der orangene Zolltrottel angebliche “Discounted Reciprocal Tariffs” gegenüber den meisten Wirtschaftsräumen der Welt. So erleiden Waren aus China zusätzliche 34%, insgesamt 54%, und EU-Importe immerhin 20% neue Einfuhrabgaben in den USA.
Die Wahrheit ist, dass die Strafzölle weder reziprok noch abgemildert sind. Tatsächlich übertreffen sie die den U.S. auferlegten Auflagen um das Vielfache. (Siehe Chart der Woche) Dennoch versucht Trump sie als gerechtfertigt und milde erscheinen zu lassen. Schließlich zieht die gesamte Welt die USA angeblich im Welthandel ab.

Quelle: MarketWatch
Die “Logik” hinter den Zöllen ist so simpel wie einfältig: Dem Anschein nach hat ein Mathegenie in Trumps Team einfach das Außenhandelsdefizit der USA mit einem Land durch die Menge der Importe geteilt. Daraus ergibt sich eine Prozentzahl, welche die Dysbalance quantifiziert. Die Trump-Regierung nimmt offenbar an, wenn man die Preise ausländischer Güter um genau diesen Betrag erhöht (bzw. netterweise den halben), würde dies den Außenhandel wieder in Balance bringen. Ein Ansatz, den auch KI-Chatbots als einfachste Lösung verkaufen.
Diese Milchmännchenrechnung stimmt aber hinten und vorne nicht. Mal ganz abgesehen davon, dass groteskerweise sogar nur von Pinguinen bevölkerte Inselgruppen mit Strafzöllen belegt werden und Russland und Belarus verschont bleiben, während aber jedes Land mit Mindestzöllen von 10 Prozent zu rechnen hat.
Die Importüberhänge ergeben sich unter anderem, weil Länder wie Madagaskar eine der wenigen Produzenten für Vanille und Gewürze sind, die die USA massenhaft importieren. Indonesien, Thailand und Vietnam produzieren Palmöl und Kautschukprodukte, welche die USA für Fertignahrung und Autos benötigen. (Der Klarheit halber: Nur das Öl kommt in die “Nahrung”) Das aus Südafrika importierte Titan bzw. daraus hergestellte Katalysatoren wird man nicht auf einmal in Nordamerika aus der Erde holen können. Welthandel basiert auf komparativen Vorteilen (vgl. Ricardo) und der Annahme, dass einige Länder Güter effizienter produzieren können als andere.
Aber weil Trump offenbar glaubt, dass Importe der USA per se schaden, weil sie vom GDP (laut Formel) abgezogen werden, möchte er die Handelsbilanz mit Gewalt ausgleichen. Die hohen Importzölle könnten in einer übervereinfachten Welt dazu führen, dass mehr Güter wieder in den USA hergestellt werden.
Re-Industrialisierung! Make American Garments Again? Ganz sicher sehnen sich die US-Bürger nach den Jobs der Indonesischen Palmenbesteiger, pakistanischen Näherinnen oder Minenarbeiter in Lesotho, die allesamt nicht einmal 20% des US-Mindestlohns verdienen. Nicht einmal eingewanderte Dreamer würden diese Jobs machen(, wenn es noch welche geben würde in Zukunft).
Der Masterplan hinter den Zöllen weckt Spekulationen. Trump könnte einfach nur Verhandlungsmasse generieren wollen. Entweder damit die betroffenen Staaten sich ihm andienen müssten, um Handelsabkommen zur Erleichterung von den Zöllen zu schließen. Oder weil es ihm gefällt, dass quasi jeder Großkonzern der Welt in Mar-el-Lago antichambrieren muss, um durch Kniefall oder Zuwendungen an Trump Ausnahmeregelungen zu erbetteln, wie Apple es in der ersten Amtszeit von Trump tat.
Apropos Mar-el-Lago: Auch Pläne für einen disruptiven Mar-el-Lago Accord vermuten einige Beobachter hinter dem scheinbaren Chaos. Weniger Importe würden den Dollar schwächen und die horrenden Staatsschulden der U.S. relativ schmelzen lassen. Die Destabilisierung der Weltwirtschaft könnte zudem langfristige Zinsen senken und die Refinanzierung günstiger gestalten. Problematisch nur, dass jede Reform der Weltwirtschaftsordnung auf Vertrauen und Zusammenarbeit mit Handelspartner basieren würde. Handelspolitik mit der Brechstange ist in einer multipolaren Weltordnung zum Scheitern verurteilt.
💡 Eine bessere Idee wäre eine differenzierte Analyse des Außenhandelsdefizit gewesen. Warum prosperierten die US-Unternehmen trotz der unterstellten ständigen Übervorteilung durch ihre Handelspartner? Warum behausen die USA hochbezahlte Jobs und ewig wachsende Unternehmen? Natürlich kaufen die U.S.-Bürger Unmengen von Autos, Elektronik, Kleidung, Sportartikeln und Rohstoffen im Rest der Welt. Aber die US-Wirtschaft exportiert auch. Nur nicht auf dem Papier.
Der Tech-Überschuss: Die großen Techkonzerne machen mehr als eine Billion US-Dollar Umsatz im Jahr. Mehr als die Hälfte davon im Ausland. Der riesige Finanzsektor und die großen Unternehmensberatungen? Müsste die USA nicht einen Dienstleistungsüberschuss haben, der das Handelsdefizit mit Gütern deutlich kompensiert oder sogar ausgleicht? Es scheint fast so als gäbe es einen Sickerverlust in der Außenhandelsrechnung der USA.
Grund dafür könnten die Steuervermeidungsstrategien der betroffenen Unternehmen sein. Intellectual Property wird in den Niederlanden platziert, Werbeeinnahmen in Irland verbucht, Geld über Kanalinseln und Karibikatolle geschleust. Die Megaumsätze des US Dienstleistungssektor scheinen in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nicht oder nicht vollständig anzukommen. Sollte die EU als Erwiderung auf die Zölle nun die Tech-Unternehmen besteuern, könnte sich das in fast ironischer Manier ändern.
Vielleicht hätte man auch dafür mal ChatGPT befragen sollen?
🔗 El Pais | Financial Times
“For decades, our country has been looted, pillaged, raped and plundered by nations near and far, both friend and foe alike.”
Das sind die weiteren News der Woche:
🦙 Meta veröffentlicht Llama-4 Modelle. Mehr als 100.000 NVIDIA GPUs ist das Cluster groß, auf dem die Llama Modelle trainiert wurden. Meta behauptet, die Modelle würde vergleichbare LLMs von OpenAI oder Mistral in vielen relevanten Benchmarks schlagen. Meta setzt nun auch auf einen Mix of Experts (MoE) Ansatz, bei dem nicht mehr alle Parameter eines Modells aktiviert werden. Die Modelle sind zudem multimodal und erlauben die Verarbeitung von Text, Bildern und Videos.
🔗 TechCrunch | Verge | Reuters | Meta
💸 Wird Google GPUs bei CoreWeave mieten: Der Börsengang des Datacenter-Betreibers war holprig. Am ersten Tag gab der Kurs leicht nach, obwohl man das IPO schon günstiger gepreist hatte. Nur um in den nächsten Tagen um mehr als 50 Prozent zuzulegen, weil die Nachfrage nach Chips und Zahlen der Konkurrenz positive Signale sendeten. Neben OpenAI soll nun auch Google daran interessiert sein, Kapazität bei CoreWeave einzukaufen. Der jüngste Market Sell-Off traf den Börsenneuling natürlich dennoch.
🔗 The Information
🛑 Klarna und StubHub stellen IPO auf Wartegleis: Eine weitere Konsequenz der jüngsten Wirtschaftsprogramme der US-Regierung ist die Absage einiger Börsengänge. Im derzeitigen miserablen Marktumfeld möchten weder das schwedische Fintech Klarna noch die Ticketplattform StubHub den Gang an die Börse wagen. Danke Donald!
🔗 Bloomberg
⌛ TikTok bekommt erneut mehr Zeit: Wem das um 75 Tage verlängerte Ultimatum mehr nützt könnte man diskutieren. Die Wahrheit ist: Interessenten für den US-Teil der chinesischen Plattform gibt es nur wenige. Trump signalisierte Richtung China bereits, er wäre bereit, über die Strafzölle zu reden, wenn China den TikTok Deal durchwinkt. Trump ist ein miserabler Verhandler. Sowohl China als auch Russland offenbarte er, wie sein Sieg aussehen muss. Nun haben seine Gegenparteien alle Karten in der Hand, während Trump dringend einen Deal braucht. Bisher steht er - wie man im Englischen sagt - mit nichts als seinem kleinen Champignon in der Hand da…
🔗 CNBC
🦾 Amazon geht fremd: Kunden des eCommerce-Primus können in Zukunft auch Angebote außerhalb der Amazon-Plattform einfacher bestellen. Das soll ein KI-Agent ermöglichen. Das eröffnet den Nutzern nicht nur noch mehr Inventar, sondern führt automatisch auch dazu, dass weitere Werbetreibende für das Advertising-Geschäft von Amazon rekrutiert werden können. Die Wachstumsraten des Werbegeschäfts hängen nämlich stark an der Anzahl der Händler und Intensität der Konkurrenz auf der Plattform.
🔗 The Verge
👽 Chart der Woche: Non-Citizen SSNs

DOGE-Demagoge Elon Musk fällt regelmäßig unangenehm auf, weil er auf X oder Events Charts postet, welche die Anzahl von Sozialversicherungsnummern, die an Nicht-US-Bürger vergeben worden sind, zeigen. Zuvor sprach er wochenlang über angeblich 150-jährige Leistungsempfänger.
Diese Entrüstungsstrategie basiert auf mindestens zwei Fehlannahmen:
(1) Nicht jeder, der eine SSN hat oder in der Datenbank verzeichnet ist, bezieht auch zwangsläufig Leistungen. Diese Behauptung soll einfach Sozialneid gegenüber Fremden schüren.
(2) Nicht-US-Bürger erhalten SSNs, vor allem um das genaue Gegenteil zu bewirken. Nämlich ihnen zu ermöglichen, zu arbeiten und Steuern abzuführen. Man verunglimpft hier also redliche arbeitswillige Beitragszahler.
🔗 Politifact
📺 Sehenswert: Money & Macro - Why Trump’s tariff chaos actually makes sense (ca. 24 min)

Gibt es doch einen tieferen Sinn hinter den Zöllen? Dieser Frage versucht YouTuber Joeri Schasfoort in seinem Format Money & Macro nachzugehen. Neben einer guten Abhandlung über amerikanische Geld- und Handelspolitik, bietet der promovierte Ökonom mögliche Erklärungen für Trumps Tarif-Obzession, erklärt aber auch, woran der vermeintliche Masterplan scheitern würde.
🔗 YouTube
🎧 Hörenswert: Kassenzone - Handelskrieg, Börsenchaos, Temu vs. Amazon (ca. 78 min)

Eigentlich wollten wir über die aktuellen Zahlen von Amazon und Pinduoduo sprechen. Auch für den Video-Podcast mit Alex Graf waren dann der drohende Handelskrieg und die wirtschaftliche Gesamtlage aber interessanter. Spannende Nebenfrage: Sollten Alex oder ich noch unsere nächste US-Reise eintreten? Die Antwort hört ihr im Gespräch, dass mir viel Spaß gemacht hat.
🔗 YouTube | LinkedIn
🖨️ Earnings Season: Quartalsergebnisse der Woche
Montag 7. April: Levi’s (AMC)
Dienstag 8. April: Tilray (BMO), Walgreens (BMO)
Mittwoch 9. April: Delta Airlines (BMO), Constellation Brands (AMC)
Donnerstag 10. April: carmax (BMO)
Freitag 11. April: JP Morgan (BMO), BlackRock (BMO), Wells Fargo (BMO), BNY (BMO), Morgan Stanley (BMO)
Dieser Newsletter wird auch weiterhin jeden Montagmorgen auf wundersame Weise in Deiner Inbox erscheinen. Einen Faxabruf gibt es leider nicht. Vielleicht solltest Du die Absender-eMail in Deinem eMail-Programm whitelisten oder den Newsletter in Deine Primary Inbox verschieben, um keine Ausgabe zu verpassen.
Danke für Deine Zeit und Aufmerksamkeit! ❤️
📮 Schick mir gern Dein Feedback an [email protected] oder leite diese Mail an Freunde und Kollegen weiter, wenn Du sie nützlich fandest.
Oder nutze diesen Link um ihn in sozialen Netzwerken und mit Freunden zu teilen: https://doppelgaenger.beehiiv.com/subscribe?ref=PLACEHOLDER
Die erfolgreichsten Helfer:innen, erwähnen wir im nächsten Newsletter.