KW11 - Das Rentenschummelpaket und OpenAI strikes back

Doppelgänger Update (BETA)

Von Philipp Klöckner · 11. März 2024


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❤️ Danke an Sascha, Patrick und Yannik, die diese Woche die meisten neuen Leser:innen auf unseren Newsletter aufmerksam gemacht haben, aber auch an alle anderen! Die “Share the Newsletter” Funktion findet ihr am Ende der aktuellen Ausgabe und das Rennen startet jeden Montag von neuem. Der heutige Newsletter hat 2.149 Worte und das vollständige Lesen dauert etwa 5 Minuten. Heute ist der 11. März 2024 und die KW11 startet.

📦 Lindner und Heil sichern Rentner:innen das Niveau (und jungen Menschen die Abgabenlast)

Was ist passiert? Am Dienstag stellten Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner das sogenannte Rentenpaket II vor. Damit soll laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die gesetzliche Rente “stabilisiert und modernisiert” werden.

Stabilisiert wird vor allem das Rentenniveau. Einfach gesagt drückt das Rentenniveau aus, wie viel Prozent des Durchschnittseinkommens der durchschnittliche Rentenempfänger als Rente erhalten wird. Mit dem Rentenpaket, wird dieses Level, welches droht auf 45 Prozent zu sinken, bei 48 Prozent fixiert. So bleiben die Renten an die Lohnentwicklung gekoppelt, statt nur an den Inflationsausgleich. Ein kräftiger Schluck aus der Pulle für fleißige Rentner.

Modernisiert wird eher in homöopathischen Dosen: Ganze 10 Milliarden Euro Schulden Sondervermögen möchte Finanzminister Christian Lindner schaffen, um mit diesem “Generationenkapital” einen Kapitalstock zu schaffen, der zukünftige Anstiege der Rente zumindest teilweise kompensieren kann. Diese 10 Milliarden sind natürlich too little, too late. Auch wenn der Fonds, wie geplant, bis 2035 auf mehr als 200 Milliarden anstiege, würde dies das marode Rentensystem nicht retten können.

Denn unser anachronistisches Umlagesystem ist schon jetzt nicht mehr Umlage-, sondern zu einem Viertel steuerfinanziert. Mit 108 Milliarden Euro bezuschusst der Bundeshaushalt 2024 die gesetzliche Rente. Damit ist die Unterdeckung der Rente nicht nur der größte Haushaltsposten, sondern entspricht circa einem Viertel des Gesamthaushaltes oder dem gesamten Steueraufkommen aus der Lohnsteuer (109,5 Milliarden) oder der Umsatzsteuer (107 Milliarden)!

Verkauft wird das Rentenpaket von Heils Ministerium als mehr Sicherheit für die, die heute arbeiten. Mit 18.6 Prozent seien die Beiträge seit 2018 stabil und werden es bis 2027 auch bleiben. Später könnten sie auf 20 Prozent und ab 2035 sogar bei 22.3 Prozent liegen. Natürlich nur weil die arbeitende Bevölkerung den Rest der Rente noch mit ihren Steuern zahlen muss. So werden zukünftige Generationen die Last tragen, um heutigen Rentnern und jenen, die bis 2040 in Rente gehen, das Rentenniveau von 48 Prozent zu finanzieren.

Dass das nicht funktionieren kann, zeigt vereinfacht diese Grafik. Kamen 1962 auf einen Rentner noch sechs Werktätige, teilen sich heute zwei Arbeitende einen Rentner und gehen die Baby Boomer in Rente wird es nur noch schlimmer. Im derzeitigen demografischen Umfeld geht die Mathematik für ein umlagefinanziertes System, und schon gar nicht für eins mit einem Rentenniveau von 48 Prozent, schlicht nicht auf.

Warum die SPD es den Rentnern und älteren Arbeitenden dennoch recht machen will, ist auch klar. Mit steigendem Alter wählen Bürger:innen mehr als doppelt so oft rot. Mehr als die Hälfte der Mitglieder der SPD sind heute über 60 Jahre alt. Während keine 10% jünger als 30 sind.

Kippt die Ampel, wird es nicht besser. Auch die Unionsbasis sieht aus wie die Einschaltquoten des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. Die Volksparteien sind längst Rentnerparteien. Das Rentenpaket ist ein Schummelpaket, dass den Älteren auch in Zukunft einen immer größeren Happen aus dem Bundeshaushalt garantiert. Das Generationenkapital? Ein Tropfen auf den heißen Stein. Es braucht mehr Kapital, und zusätzlich einen privaten Vorsorgeplan, der nicht Banken und Versicherungen reich macht, sondern es Bürger:innen erlaubt Geld in ein Depot einzuzahlen und bis zu eine Million Euro (+Inflation) steuerfrei zu entnehmen.

Wer wissen will, wie eine Selbstbedienungs-Gerontokratie. aussehen könnte, muss nicht weit reisen. Ausgerechnet in der Schweiz, wo bisher jeglichen Vorstößen in Richtung Sozialstaat Einhalt geboten wurde, genehmigten sich Wähler:innen jetzt eine zusätzliche 13. Rente im Jahr. Ein Abstimmungsresultat, welches zeigt, welche Gefahren eine direkte Demokratie in einer alternden Gesellschaft mit sich bringt. Leider auch, weil Rentner fast doppelt so oft an der Urne erscheinen, wie junge Menschen.

Zweifelsohne ist die demographische Entwicklung derzeit die größte Bedrohung für unseren Wohlstand. Junge Generationen sind aufgrund der Bevölkerungsverteilung auf ältere Menschen angewiesen, die über ihr eigenes Schicksal hinweg schauen bei politischen Entscheidungen. Optimiert die Nachkriegsgeneration nur ihr eigenes Auskommen, und fehlen den Jungen die Möglichkeiten, sich an der Urne durchzusetzen, droht eine massive Kluft zwischen Jung und Alt aufzubrechen.
🔗 BMAS | Zeit | ARD (Kommentar) | Statista (Mitgliederstruktur Parteien)

Das sind die weiteren News der Woche: 

🦾 OpenAI schlägt zurück. Elon Musk, ein früher Gönner der damaligen Non-Profit Organisation OpenAI legte kürzlich Klage gegen den Konkurrenten seiner Firma xAI ein. OpenAI, das inzwischen Milliarden an Funding erhielt und Investoren echte Profite verspricht, die (pro forma) bei 100x gekappt sind, hätte seine Mission und den Non-Profit-Status verraten und kooperiert stattdessen mit dem Tech-Giganten Microsoft. Elon fühlt sich getäuscht.

Dass Elon Musk selbst einst CEO von OpenAI werden wollte und dabei scheiterte war bekannt. So sah die Klage von Anfang an mehr nach einer Mischung aus Diffamierungsversuch und Fishing Expedition* aus, als nach einem aussichtsreichen Unterfangen. Auch hatte das damalige Non-Profit ja eben gar keine Shareholder, und konnte somit gar nicht deren wirtschaftliche Interessen verletzen. Entsprechende Verträge gibt es daher auch gar nicht. Welche Rechte möchte Musk denn durchsetzen?

OpenAI veröffentlicht nun aber außerdem interne eMails, aus denen ein weiteres Mal Musks Doppelmoral spricht. So wollte er sich offenbar nicht nur als CEO durchsetzen. Explizit spricht er selbst vom enormen Kapitalbedarf und schlägt vor, eine Milliardenfinanzierung aufzunehmen. Zudem strebte er neben dem Chefposten auch die Mehrheit der Anteile, sowie die Mehrheit der Sitze im Kontrollgremium an. Alternativ, würde er OpenAI auch einfach mit seinem Tesla-Konzern schlucken, um die Forschung aus den Profiten des Autobauers zu finanzieren. Ihm selbst geht es also nicht um Mission oder Non-Profit, sondern er sieht einfach nur wie der übelgelaunte Exfreund aus, der versucht die Hochzeit der Frau, die ihn ablehnte, zu sabotieren.
🔗 OpenAI | Guardian | The Verge

🥇 Anthropics Claude 3 neuer Klassenbester. Die von ehemaligen OpenAI-Angestellten gegründete Firma Anthropic überzeugt mit drei neuen Modellen. Anthropics neues Meister-LLM Claude 3 Opus schlägt dabei OpenAIs und Googles Top-Models in vielen Vergleichstests. Auf Twitter wird derweil diskutiert, ob das Opus Modell so intelligent ist, dass es merkt, wenn es getestet wird, berichtet Ars Technica. Wäre doch lustig, wenn ein Modell merkt, dass es im Labor ist, und sich nochmal etwas mehr Mühe gibt. So hätte man das vermutlich in der deutschen Autoindustrie programmiert.
🔗 Anthropic | Heise | The Verge | Ars Technica

📱 ByteDance beschleunigt Wachstum: 31 Milliarden US-Dollar setzte die chinesische TikTok Mutter ByteDance offenbar allein im dritten Quartal des letzten Jahres um, meldet The Information. Noch beeindruckender ist aber das Wachstum von 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr, weil es sich wieder beschleunigt und selbst die erfolgreichsten Plattformen wie Instagram deutlich langsamer wachsen. Ebenfalls erwähnenswert ist die Gewinnmarge von 27 Prozent, die ByteDance in den ersten neun Monaten erwirtschaftete. Weil die Firma in China und dem Rest der Welt erheblichen politischen Risiken ausgesetzt ist, liegt die interne Bewertung nur bei 250 Milliarden US-Dollar. Investoren scheinen noch an weiteres Wachstum zu glauben. Ein IPO scheint ByteDance derzeit nämlich nicht zu planen.
🔗 The Information 

👩‍🏫 Accenture kauft Udacity. Nach seiner Zeit in Googles Geheimlabor Google X, gründete der Deutsche Stanford Professor Sebastian Thrun 2011 die Lernplattform Udacity. 13 Jahre und 240 Millionen an Funding später akquiriert die Unternehmensberatung Accenture das Startup. Die will eine Milliarde US-Dollar in Technologie Training investieren. Vermutlich, weil man voraussieht, dass man von einer massiven Umschulungswelle nach einer möglichen AI-Revolution profitieren könnte?
🔗 TechCrunch | SiliconANGLE

📈 Personio wächst: Fast 95 Millionen Euro Umsatz erreichte das Münchener HR-Software-Startup 2022, verrät der Geschäftsbericht des vorletzten Jahres. Dabei verlor das Unternehmen noch 147,5 Millionen Euro. Die 2023er Zahlen sollten einen weniger ambitionierten Kostenanstieg, aber auch weniger Umsatzwachstum zeigen. Im aktuellen Podcast rechnen wir ein bisschen auf den Zahlen rum. Für die 8.5 Milliarden Bewertung reichen die Umsätze wohl noch nicht. Trotzdem scheint das Wachstum einigermaßen effizient.
🔗 LinkedIn

🎰 Chart der Woche: EU “Rekordstrafen”

Strafen sollen auch einen abschreckenden Effekt haben. Das scheint im Fall der Wettbewerbsstrafen, welche die Europäische Kommission verhängt, nur bedingt der Fall zu sein. Sammeln die Tech-Konzerne doch vermeintliche Rekordstrafen wie der FC Bayern Meistertitel. (Naja.)

Das jüngste Opfer Der jüngste Täter: Apple. Für seine Selbstbevorzugung im AppStore gegenüber konkurrierenden Musikdiensten, welche Nutzer nicht über günstige Abo-Varianten außerhalb von Apples AppStore aufklären durften, hagelte es jetzt ein Strafe von 1.8 Milliarden Euro.

Abschrecken werden Strafen Google, Apple und Co. aber erst, wenn die Profite der Wettbewerbsverstöße die Strafen nicht mehr übersteigen.
🔗 Poiltico

Belohnungen und Strafen sind die niedrigste Form der Bildung.

Zhuangzhi - chinesischer Philosoph und Dichter 369-286 v. Chr.

📺 Sehenswert: Putins Bären - die gefährlichsten Hacker der Welt (60 min)

Die Macher von Simplicissimus entmystifizieren die gefährlichsten Hacker der Welt. Sie werden Fancy Bear oder Cozy Bear genannt und sind Eliteeinheiten russischer Geheimdienste. Ihre Ziele: Der Bundestag, die US-Wahlen und aktuell die Ukraine.
🔗 ARD Mediathek

🎧 Hörenswert: Lex Fridman Podcast - Yann LeCun (165 min)

Zwei und drei viertel Stunden interviewt US-Podcaster Lex Fridman METAs Chief AI Scientist Yann LeCun, einen der Väter des Deep Learnings. Der Podcast bietet tiefgründige Einblicke in die aktuelle Forschung und Entwicklung im Bereich der KI und regt zum Nachdenken über die Zukunft dieser Technologie an.
🔗 Lex Fridman | YouTube | Spotify | Apple Podcasts | Podlink

PS: Im t3n Podcast, geht es nochmal um den Fall Lara Sophie Bothur (Deloitte LinkedIn Top Voice)

🖨️ Earnings Season: Quartalsergebnisse der Woche

Montag 11. März: Oracle (AMC), Asana (AMC)
Dienstag 12. März: Clover (AMC), allbirds (AMC), 360 Finance (AMC)
Mittwoch 13. März: Dollar Tree (BMO), UiPath (AMC), SentinelOne (AMC)
Donnerstag 14. März: Dollar General (BMO), FUTU (BMO), Adobe (AMC), SmartSheet (AMC)
Freitag 15. März: SOHO HOUSE (BMO)
AMC: After Markets Close (nach Börsenschluss 22 Uhr) | BMO: Before Markets Open (morgens)
Nicht vollständig, lediglich Aktien, die wir als relevant erachten oder im Podcast/Sheet covern.

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