- Doppelgänger Update
- Posts
- KW10 - Training, Twitter, Tucker
KW10 - Training, Twitter, Tucker
Doppelgänger Update (BETA)
Von Philipp Klöckner · 26. Februar 2024
👋 Hallo! Du empfängst diesen Newsletter als eine(r) von 13.031 Abonnent:innen (+190).
❤️ Danke an Miriam, Patrick und Yannik, die diese Woche die meisten neuen Leser:innen auf unseren Newsletter aufmerksam gemacht haben, aber auch an alle anderen! Die “Share the Newsletter” Funktion findet ihr am Ende der aktuellen Ausgabe und das Rennen startet jeden Montag von neuem. Der heutige Newsletter hat 2.149 Worte und das vollständige Lesen dauert etwa 5 Minuten. Heute ist der 4. März 2024 und die KW10 startet.
🤖 Wie wurde Googles Gemini AI hyper-woke?
Was ist passiert? Schon vorletzte Woche musste Google der neuesten Version seiner generativen KI Gemini die Fähigkeit entziehen, Bilder von Menschen zu generieren. Nutzer hatten entdeckt, dass Gemini - egal ob man nach den Gründungsvätern der USA, Wikingern, Wehrmachtsoldaten oder Bildern eines Papstes googelt - versucht ein Set von Resultaten zu generieren, dass maximal divers erscheint, dabei aber quasi historische Fakten überschreibt. So wurde nicht nur eine dem Aussehen nach indische Päpstin generiert, sondern auch Nazi-Offiziere mit afro-amerikanischem Aussehen.
DEI Kulturkampf: Google ist dafür bekannt, dass “Diversity, Equity and Inclusion”, kurz DEI, also die Förderung von Diversität, Gleichstellung und Inklusion tief in der Firmenkultur verankert ist. So ergibt auch eine Google Suche nach “CEO” deutlich mehr Bilder von Frauen und nicht-weißen Menschen, als es der Realität entsprechen würde. Die absurden Ergebnisse der generativen KI sorgten nun aber nicht nur für allerlei Spott, sondern auch massive Kritik von DEI-Gegnern und rechten Stimmen, die das Konzept DEI sowieso gerade attackieren. Unter anderem nutzte Twitter-Chef Elon Musk den Boeing Zwischenfall, um auf seinem Meinungsspielplatz Twitter Stimmung gegen DEI zu machen. Die erneuten Anfeindungen führten nun unter anderem dazu, dass der verantwortliche Google Entwicklungsleiter sich gezwungen sah, aus sozialen Medien zurückzuziehen.
Reaktionen. In einem internen Memo, bei dem Google-CEO Sundar Pichai davon ausgehen konnte, dass es nach außen dringt, nannte er Geminis Resultate “komplett inakzeptabel” und kündigte strukturelle Veränderungen an. DEI-Kritiker und der Twittermob fordert derweilen nicht weniger als Massenentlassungen der DEI Teams oder direkt den Kopf des CEOs Pichai, der selbst indisch stämmig ist.
AI & Bias. Natürlich darf eine künstliche Intelligenz die Realität nicht derart verzerren. Und insbesondere für Google ist der Vorfall peinlich. Kaum ein anderes Unternehmen ist so stark darauf angewiesen, dass man bei seinen Antworten auf Wahrheitsgehalt und Präzision vertrauen kann. Während Startups und Newcomer wie OpenAI auf Vergebung hoffen können, wenn ihre Produkte halluzinieren, stellt generative KI eine große Herausforderung für Google dar.
Einerseits hat Google sich meiner Meinung nach eine “Truth Brand” aufgebaut. Nutzer:innen vertrauen auf die Suchmaschine und behandeln Ergebnisse wie objektive Wahrheiten. Sicher ein Grund, warum Google bisher zögerlich bei der Integration von generativer KI war, obwohl wohlbekannt ist, dass jede Menge Machine Learning in Googles Suche steckt.
Meinung. Andererseits steht Google als lupenreines Monopol, dass die eigene Marktmacht regelmäßig missbraucht und dafür eine Rekordstrafe nach der anderen kassiert, unter besonderer Beobachtung. Millionen gibt der Konzern in den USA und der EU aus, um Politiker milde zu stimmen und sein Image aufzupolieren. Die tiefe Verankerung scheinbar sozialer Prinzipien in der Firmenkultur hat meiner Meinung nach auch immer den Anschein eines Feigenblattes, was über das weniger soziale Verhalten des Techkonzerns gegenüber Konkurrenten und kleineren Firmen hinwegtäuschen soll.
Denn das scheinbar woke Google arbeitet neben seinen DEI Bestrebungen ebenso emsig daran sein Steueraufkommen zu minimieren, die Preise in den eigenen Werbeauktionen zu manipulieren und eigenen Produkten einen Platz an der Sonne zu verschaffen, wenn diese gemäß des eigenen Algorithmus nicht konkurrenzfähig sind.
Google überzieht. Ohne jetzt eine Quotendiskussion vom Zaun brechen zu wollen, so steht doch fest, dass in einer ungerechten Welt mehr Gleichberechtigung nur über eine temporäre Überkorrektur herzustellen ist, die ihrerseits immer zu neuer Ungerechtigkeit führen wird. Dass Google hier also übersteuert ist wenig verwunderlich. Aufgabe dieser DEI-Anpassung der eigentlichen KI ist natürlich dass Anfragen nach “Chirurg”, “CEO” oder “Professor” eben nicht nur weiße grauhaarige Männer zurückgeben, was das logische Resultat jeder KI, die auf historischen Daten trainiert wurde, wäre.
Doch für Google darf das eben nicht so weit gehen, dass historische Fakten falsch wiedergegeben werden und ganz sicher wird der KI-Konzern nun daran arbeiten, das eigene Produkt zu verbessern, ohne seine DEI Agenda dabei zu verraten.
AI ≠ Wahrheit: Wer jedoch glaubt, dass es Anspruch künstlicher Intelligenz sein sollte die Wahrheit widerzuspiegeln oder gar herauszufinden, der wird noch einige Zeit enttäuscht werden. Sämtliche KI Modelle sind auf historischen Texten, Daten, Bildern und Videos trainiert worden. Sie können diese Fakten zwar zunehmend akkurat wiedergeben, neutral sind sie aber noch lange nicht.
So bleibt nicht nur die Heterogenität von Meinungen auf der Suche nach der wahrscheinlichsten Antwort verloren, sondern auch die Trainingsdaten unterliegen einer erheblicher Voreingenommenheit. Am einfachsten vielleicht an dem Fakt nachzuvollziehen, dass mehr als die Hälfte der Daten in englischer Sprache vorliegen, während chinesische Sprache(n) weniger als 2 Prozent ausmachen. (vgl. Chart der Woche)
Hinter jeder KI steht auch ein Weltbild, ausgedrückt durch die Anpassungen und Gewichtungen, die ein Unternehmen vornimmt, aber auch die Selektion der Daten, aus denen man lernt.
🔗 New York Times | Heise | The Verge
Das sind die weiteren News der Woche:
🏛️ OpenAI unter der Lupe. Diese Woche wurde bekannt, dass auch die US-Börsenaufsicht SEC die Vergänge um den Rausschmiss des OpenAI CEO Sam Altman untersucht. Schließlich behaupteten Boardmitglieder, dass Altman gegenüber dem Aufsichtsgremium nicht jederzeit ehrlich war. Vor Gericht ziehen möchte Altman Tesla- und xAI-Boss Elon Musk. Musk selbst saß einst im Board, spendete 44 Millionen US-Dollar und wollte selbst CEO bei OpenAI werden. Nun wirft er Altman und der Firma vor, dass sie sich von ihrer Non-Profit-Mission abgewendet hätten und ihre mächtige Technologie damit in die Hände von Corporate Giganten wie Microsoft fällt. Auftrag von OpenAI sei es, AGI allen Menschen zugänglich zu machen und dabei Schaden abzuwenden.
🔗 Reuters (SEC) | CNBC | TechCrunch
⏱️ Elon Musk kündigt Tesla Rekord-Roadster an. Die nächste Generation wird mehr Geschoss als Auto sein und soll laut (Musks) Designvorgaben in unter einer Sekunde von 0 auf 100 km/h beschleunigen. Selbst wenn es den Ingenieuren gelingt, das Auto entsprechend zu entwickeln, sollte es für die Passagiere kein Vergnügen sein. Auch für das Produktionsteam sollte die Herausforderung nicht vergnügungssteuerpflichtig werden. Erfahrungsgemäß wird der Roadster auf die Tesla Umsätze kaum Auswirkungen haben und vor allem ein teurer Marketing-Stunt werden. Tesla hat eigentlich genug Absatz-, Konkurrenz- und Margenprobleme. Dabei wird ein “mind-blowing” Super Car kaum helfen.
🔗 Mashable | Barron’s
🚍 FLIX wächst auf 2 Milliarden Umsatz: Flix SE (Flixbus, Flixtrain) gab am Donnerstag bekannt, dass man 2023 um 30% auf über 2 Milliarden Euro Umsatz gewachsen sei und dabei positives adjustiertes EBITDA von 104 Millionen Euro (ca. 5% AEBITDA Marge) erreichte. Das Unternehmen, welches 2021 die legendäre US-Marke Greyhound übernahm, sollte in den Startlöchern für einen baldigen Börsengang (IPO) stehen. Was die tatsächliche Profitabilität angeht, könnte das Adjusted EBITDA jedoch irreführend sein. Neben Sondereffekten, sind auch Abschreibungen auf Betriebsstätten und ausgerechnet die Fernbusse nicht enthalten. Dennoch ist FLIX meiner Meinung nach eine deutsche Erfolgsstory und das fortgesetzte Wachstum - in Zeiten von subventionierter Deutschland-Ticket Konkurrenz - beeindruckt mich. Weiteres Wachstum soll unter anderem die Expansion nach Indien versprechen.
🔗 FLIX | Handelsblatt
💳 Klarna wächst 2023 um 26 Prozent und wird profitabler. Das schwedische Buy-Now-Pay-Later Unternehmen konnte den Plattformumsatz (GMV) um 17% gegenüber dem Vorjahr steigern und damit 26 Prozent mehr operativen Erlös machen. Nach Zahlungsausfällen und Gemeinkosten verliert Klarna weiterhin ca. 300 Millionen Euro. Die Profitabilität hat sich zuletzt aber massiv verbessert. Auch Klarna bereitet sich natürlich auf einen kolportierten 20 Milliarden Börsengang vor. Begeistert hat Anleger die Nachricht, dass man mittels AI-Chatbots die Arbeit von 700 Call Center Agents ersetzen könne.
🔗 Klarna | Financial Times | Zahlen Übersicht
🔎 Initiative für neutrale Websuche: Mehr als 100 Unternehmen aus über 30 Industrien schlossen sich zusammen um als “Initiative for Neutral Search” 10 Grundprinzipien für die Arbeitsweise einer faireren Websuche zu unterzeichnen. Hintergrund: Am 6. März sollte die EU Kommission beginnen, den Digital Markets Act (DMA) durchzusetzen. Der DMA soll große Tech-Plattformen, die oft marktbeherrschend sind, davon abhalten, ihre Macht zu missbrauchen, zum Beispiel um eigene Dienste zu bevorzugen. Die Prinzipien definieren klare “rote Linien” aus Sicht der Marktteilnehmer. Betroffene Unternehmen sind eingeladen, sich per Unterschrift anzuschließen.
🔗 Neutral Search | europa.eu (DMA explained)
🎰 Chart der Woche: In welcher Sprache lernt AI?
Wer schreibt, der bleibt. Nie war dieses Sprichwort relevanter. Denn das “Wissen” moderner KI-Modelle speist sich bekanntermaßen vor allem aus dem Internet, Büchern und der Wikipedia.
Tatsächlich sind diese Quellen aber dominiert von einigen wenigen Sprachen und Weltbildern. Chinesen, Inder und Südostasiaten machen ein Drittel der Weltbevölkerung aus. Ihre Sprachen und Kultur finden sich aber nur in 2-3 Prozent der Trainingsdaten wieder. Russische Inhalte sind im Vergleich dreifach überrepräsentiert. Nur 2 Prozent der Erde sprechen russisch, deren Werke machen aber 6 Prozent aus, und das liegt nicht nur an Tolstois “Krieg und Frieden” mit 2.288 Seiten.
🔗 Forbes
“We all see only that which we are trained to see.”
📺 Sehenswert: “Elon Musk und die Twitter-Übernahme” arte.tv (90 min)
Die Dokumentation beleuchtet Elon Musks Weg von einem der provokantesten Nutzer der Social-Media-Plattform zu ihrem Eigentümer – und erforscht die weitreichenden Auswirkungen, die die Entscheidungen des exzentrischen Multi-Milliardärs auf die US-amerikanische Politik und Kultur haben. Den französischen Titel “Le Monde selon Elon Musk” (Die Welt gemäß Elon Musk) finde ich treffender als den Deutschen.
Der 90-minütige Dokumentarfilm von James Jacoby verfolgt chronologisch die Ereignisse um und nach Elon Musks Übernahme von Twitter. Dabei kommen viele Journalisten und Twitter-Angestellte, wie zum Beispiel der ehemalige Trust & Security Chef Joel Roth, zu Wort.
Bei mir sind zwei Dinge hängen geblieben. Einerseits dokumentiert der Film ein weiteres Mal, dass Musks Biograf Walter Isaacson, der viel zu Wort kommt, jegliche Distanz oder Objektivität zu Musk vermissen lässt. Anderseits, zeigt die Doku auch noch mal sehr prägnant, wie oft Musk selbst als Zensor und Alleinherrscher bei seiner angeblichen Free Speech Plattform durchgreift. Narrativ und tatsächlicher Anspruch könnten nicht weiter auseinanderliegen. Wer etwas anderes glaubt, verschließt leider die Augen vor den Taten Musks.
🔗 arte Mediathek | YouTube | Tagesspiegel (Rezension)
PS: Nicht vergessen - Musk wollte eigentlich nach einer Umfrage den Chefposten bei Twitter abgeben. Außer durch Etablierung einer Marionetten-CEO, hat er das Versprechen leider nie eingelöst.
🎧 Hörenswert: Lex Fridman Podcast - Tucker Carlson
US-Podcaster Lex Fridman ist dafür bekannt, jeden zu interviewen, solange dieser bereit ist 2 bis 4 Stunden (scheinbar) ehrliche Antworten zu geben. So lud er kürzlich auch Ex-Fox-News Agitator Tucker Carlson in seinen Podcast ein.
Carlson hatte zuletzt ein aufwendiges Propaganda-Gespräch mit Wladimir Putin aufgenommen. Der Podcast liefert zwar keinerlei neue Fakten oder Erkenntnisse. Doch dennoch ist es - sofern man nicht den Fehler macht, auf Tuckers nur oberflächlich schlüssige Analogien reinzufallen - ein spannendes Psychogram des Carlson.
Ich halte es für eine gute Übung darin auch anderen Meinungen zuzuhören und ich mag, dass man sich nie ganz sicher ist ob Tucker Carlson einfach furchtbar einfältig ist, oder wahnsinnig schlau den Dummen spielt. In jedem Fall ist er ein begabter Populist, wenn er immer wieder absurde Vergleiche scheinbar schlüssig erscheinen lässt. So beschwert er sich über angebliche journalistische Repressionen und Unfreiheit in der USA, und lobt keine 5 Minuten später, dass der Fakt, dass die Straßen in Moskau so schön sauber, sicher und ansehnlich sind, für ihn wichtiger ist als vieles andere wenn er eine Stadt besucht.
🔗 Lex Fridman | YouTube | Spotify | Apple Podcasts
🖨️ Earnings Season: Quartalsergebnisse der Woche
Montag 4. März: SEA Ltd (Shoppee, BMO), GitLab (AMC), SEMrush (AMC), Stitch Fix (AMC)
Dienstag 5. März: Bayer (BMO), Ströer (BMO), Target (BMO), Nio (BMO), CrowdStrike (AMC), Box (AMC), Couchbase (AMC)
Mittwoch 6. März: JD.com (BMO), Honest Co. (AMC), Yext (AMC)
Donnerstag 7. März: P7S1 (BMO), Broadcom (AMC), mongoDB (AMC), DocuSign (AMC), samsara (AMC)
Freitag 8. März: Nichts von Relevanz…
AMC: After Markets Close (nach Börsenschluss 22 Uhr) | BMO: Before Markets Open (morgens)
Nicht vollständig, lediglich Aktien, die wir als relevant erachten oder im Podcast/Sheet covern.
Dieser Newsletter wird auch weiterhin jeden Montagmorgen auf wundersame Weise in Deiner Inbox erscheinen. Einen Faxabruf gibt es leider nicht. Vielleicht solltest Du die Absender-eMail in Deinem eMail-Programm whitelisten oder den Newsletter in Deine Primary Inbox verschieben, um keine Ausgabe zu verpassen.
Danke für Deine Zeit und Aufmerksamkeit! ❤️
📮 Schick mir gern Dein Feedback an [email protected] oder leite diese Mail an Freunde und Kollegen weiter, wenn Du sie nützlich fandest.
Oder nutze diesen Link um ihn in sozialen Netzwerken und mit Freunden zu teilen: https://doppelgaenger.beehiiv.com/subscribe?ref=PLACEHOLDER
Die erfolgreichsten Helfer:innen, erwähnen wir im nächsten Newsletter.